USA verschärfen ihren Anti-Terror-KampfIsrael ist führend bei der Flughafensicherheit

Washington/Sanaa. Die USA machen ernst in Sachen Flugsicherheit. Die gestern in Kraft getretenen neuen Regeln zielen darauf ab, Passagiere aus Staaten mit reger Terroristen-Aktivität einer lückenlosen Kontrolle zu unterwerfen

Washington/Sanaa. Die USA machen ernst in Sachen Flugsicherheit. Die gestern in Kraft getretenen neuen Regeln zielen darauf ab, Passagiere aus Staaten mit reger Terroristen-Aktivität einer lückenlosen Kontrolle zu unterwerfen. Wer aus einem der Länder stammt, die auf der "schwarzen" Liste der Transportsicherheitsbehörde (TSA) stehen, werden vor Flügen in die USA künftig ausnahmslos einer Leibesvisitation unterzogen. Soweit verfügbar gehört dazu auch der Einsatz so genannter Nacktscanner, die unter der Kleidung versteckte Waffen und Sprengstoffe entdecken können. Darüber hinaus wird das Handgepäck dieser Reisenden überprüft.

"Schwarze Liste"

Ein Sprecher der Regierung lehnte es ab, zu bestätigen, welche Staaten im Einzelnen auf der Liste stehen. In jedem Fall dazu gehören Bürger aus Staaten, die offiziell als Unterstützer von Terrorismus geführt werden. Allen voran Iran, Sudan, Syrien und Kuba. Hinzu kommen Länder, die in der Vergangenheit "Besorgnis" ausgelöst haben. Darunter Afghanistan, Algerien, Irak, Libanon, Libyen, Somalia und Jemen. Erstmals müssen sich künftig auch Reisende aus Nigeria, Pakistan und Saudi-Arabien den verschärften Kontrollen unterziehen.

Entscheidend ist dabei nicht, ob die Betroffenen in den Ländern leben. Es reicht, dass sie Inhaber eines entsprechenden Passes sind. Staatsbürger anderer Länder müssen routinemäßig mit denselben Sicherheitsüberprüfungen rechnen, wenn sie sich vor der Reise in die USA in einem der Staaten auf der "schwarzen Liste" aufgehalten haben.

Obwohl auch alle anderen Passagiere damit rechnen müssen, öfter und gründlicher kontrolliert zu werden, sollen die ergriffenen Maßnahmen die Kontrollen insgesamt beschleunigen. Vertreter verschiedener Bürgerrechtsgruppen kritisierten die neuen Richtlinien der TSA für den internationalen Luftverkehr als unverhältnismäßig. Der Rechtsberater des Antidiskriminierungs-Komitees der arabischstämmigen Amerikaner Nawar Shora meinte gegenüber der US-Presse, es sei falsch, "alle Bürger bestimmter Nationen zu Verdächtigen zu machen."

Ein Zwischenfall bei der Abfertigung in Terminal C führte am späten Sonntagnachmittag zu Chaos auf dem Flughafen von Newark. Ein Mann spazierte ungehindert in entgegengesetzter Richtung durch den Ausgang in den sicheren Bereich des Flughafens. Nachdem Mitarbeiter der TSA die Panne entdeckten, räumten sie das Terminal und suchten nach der Person oder gefährlichen Gegenständen. Obwohl die Person nicht identifiziert werden konnte, erklärten die Beamten das Terminal nach sechs Stunden für "sicher". Danach mussten alle Passagiere noch einmal durch die Kontrollen gehen. Kurz vor Mitternacht konnten die ersten Reisenden ihre verspäteten Flüge boarden.

Am Wochenende hatte US-Präsident Barack Obama den gescheiterten Anschlag auf den Flug 253 der Northwest Airlines von Amsterdam nach Detroit direkt mit der Al Qaida in Verbindung gebracht. Umar Farouk Abdulmutallab (23) sei von der Terrorgruppe in Jemen "trainiert, mit den Sprengstoffen ausgerüstet und befohlen worden, dieses Flugzeug auf dem Weg nach Amerika anzugreifen". Der Präsident versprach, das "systematische Versagen" der Behörden zu untersuchen und Konsequenzen daraus zu ziehen. Zu Wochenbeginn verdichteten sich die Hinweise auf eine bevorstehende Offensive gegen die Al-Qaida Hochburgen im Osten des Jemen. Aus nicht näher ausgeführten "Sicherheitsgründen" schlossen die USA und Großbritannien bis auf Weiteres ihre Botschaften vor Ort und riegelten sie ab. Die USA verdoppelten bereits ihre Unterstützung für den Anti-Terrorkampf in Jemen auf 70 Millionen US-Dollar.

Die jemenitische Regierung schickte in den vergangenen Tagen mehrere hundert zusätzliche Soldaten in den Osten des Landes. Die dortigen Bergprovinzen zählen zu den Hochburgen der Al Qaida. Tel Aviv. Israels internationaler Flughafen Ben Gurion gilt als einer der sichersten in der Welt - auch wenn in der Regel keine umstrittenen Körperscanner Passagiere bis auf die Haut durchleuchten. Die Methode: ein Sicherheitssystem, das wie eine Zwiebel mehrere Schichten hat. Die erste Kontrolle beginnt an der Zufahrt zum Flughafen. Bewaffnete Sicherheitskräfte schauen in jedes Fahrzeug und fragen Fahrer oder Reisende, wo sie herkommen und wohin sie möchten. Sie inspizieren bei verdächtigen Fahrzeugen den Kofferraum.

Terrorkommandos oder Autobomben sollen damit bereits Kilometer vor dem Terminal abgefangen werden. Auch vor der Ankunfts- und Abflugshalle stehen bewaffnete Sicherheitskräfte, die aus einer Masse von Menschen gezielt einzelne Passagiere anhalten und befragen. Bevor jeder Reisende sein Gepäck aufgibt und die Bordkarte erhält, muss er eine Befragung über sich ergehen lassen. Sicherheitskräfte wollen beispielsweise wissen, wer den Koffer gepackt oder ob eine dritte Person Geschenke mitgegeben hat. Ein solches "Geschenk" könnte eine Bombe sein.

Nach dieser Befragung werden die Koffer oder Reisetaschen durchleuchtet. Danach prüft Sicherheitspersonal in der Regel noch einmal das Gepäck von Ausländern. Danach passiert jeder Reisende einen Personenscanner, wie er auch in Deutschland üblich ist. Beim so genannten Profiling beobachten Sicherheitskräfte jeden Passagier. Sie schauen, wie in Tel Aviv üblich, in die Augen und fragen nach Reiseplänen. Dabei prüfen sie Mimik und Gestik des Reisenden. Widersprüchliche Aussagen sowie ängstliches oder aggressives Verhalten machen diesen ebenso verdächtig wie Schwitzen oder Ausweichen des Blickkontaktes. dpa

"Abdulmutallab wurde von Al Qaida im Jemen trainiert und mit Sprengstoff ausgerüstet."

US-Präsident

Barack Obama

Meinung

Richtige Reaktion

Von SZ-Korrespondent

Thomas Spang

Der "Unterhosen-Bomber" von Detroit hat der Sicherheit im Flugverkehr unbeabsichtigt einen Gefallen erwiesen. Indem er das bestehende System als völlig unzureichend vorführte, zwang er die Behörden zum Handeln. Nun geraten die Regierungen der Herkunftsstaaten Verdächtiger ins Visier, die die Sicherheit nicht garantieren. Wenn Staaten wie Pakistan oder Nigeria selber nicht für das notwendige Maß an Sicherheit sorgen, gebietet es der gesunde Menschenverstand, die Kontrollen von Reisenden aus diesen Ländern selber in die Hand zu nehmen. Nicht mehr und nicht weniger geschieht nun. Damit unternimmt Washington einen Schritt in die richtige Richtung. Weg von automatisierten Kontrollen, die sich leicht umgehen lassen, hin zu Überprüfungen, die auf rationalen Überlegungen gründen.

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