US-Drohne tötet Talibanführer Mansur

Kabul · Unter seiner Führung kontrollierten die Taliban so viel Gebiet wie seit 2001 nicht mehr. Nun ist Talibanchef Mullah Mansur von US-Drohnen getötet worden. Bricht nun der Frieden aus?

Taliban-Anführer Mullah Achtar Mansur ist bei einem US-Drohnenangriff in der pakistanischen Provinz Baluchistan getötet worden. Das Pentagon hatte den Angriff in der Nacht auf Samstag gemeldet, sich aber zunächst vorsichtig geäußert. Der afghanische Geheimdienst NDS bestätigte gestern seinen Tod dann am Nachmittag per Twitter . Details gaben sie nicht preis.

Den USA zufolge hatten mehrere Drohnen das Auto des Talibanchefs in einem entlegenen Gebiet nahe der pakistanischen Stadt Nushki südwestlich von Quetta mit Raketen beschossen. Aus taliban-nahen Kreisen hieß es, im Auto hätten sich auch Mansurs Fahrer sowie ein weiterer als Mullah Mirsa Hassani identifizierter Mann befunden. Laut einem Angestellten des Zivilhospitals in Quetta, Nazeer Ahmed, wurden am Morgen zwei Leichen für DNA-Tests in die Klinik gebracht - eine teilweise, die andere vollständig verbrannt. Von einer dritten Leiche sprach Ahmed nicht. Man habe DNA-Tests gemacht, dann hätten "geheime Behörden" die Leichen mitgenommen.

Mansur hatte erst Mitte 2015 die Führung der Taliban übernommen. Danach begannen interne Machtkämpfe. Mehrere Stammesführer schlossen sich sogar dem IS an. Unter der Führung Mansurs setzten die Taliban zuletzt aber auch die afghanische Regierung schwer unter Druck. Mehr als 7000 Soldaten und Polizisten sollen 2015 getötet worden sein. Die Zahl ziviler Opfer stieg mit über 11 000 Toten und Verletzten auf den höchsten Stand seit Beginn der internationalen Intervention. US-Außenminister John Kerry begründete den Drohnenangriff mit der von Mansur ausgehenden Gefahr. Der Taliban-Chef sei eine "unmittelbare Bedrohung für US-Mannschaften, afghanische Zivilisten und Sicherheitskräfte". Zudem habe er Friedensverhandlungen "direkt abgelehnt".

Wer nun Mansurs Nachfolger wird, ist unklar. Der sichtbarste und mächtigste Mann ist derzeit Siradschuddin Hakkani, Mansurs Stellvertreter für Militärisches. Er kommt aber nicht aus dem Taliban-Kernland, dem Süden, sondern aus dem Osten. Was ihn wichtige Stimmen kosten kann.

Meinung:

Eine fragwürdige Strategie

Von SZ-Mitarbeiter Friedemann Diederichs

Der Tod von Taliban-Chef Mansur durch eine US-Drohne dürfte das Weiße Haus zweifelsohne als Erfolg verkaufen. Die Attacke wirft allerdings ein Schlaglicht auf die Fragwürdigkeiten der Afghanistan-Politik des Westens, allen voran der USA. Seit Jahren hat Präsident Obama das Wiedererstarken der Taliban in Helmand und weiteren Regionen begünstigt, indem er - in Vorbereitung seiner Truppenreduzierung und in der vagen Hoffnung auf eine Einbeziehung der Taliban in einen Friedensprozess - die Taliban von den Nato-Truppen mit Samthandschuhen anfassen ließ. Nun haben die USA bei Mansur ihre Strategie geändert, weil er sich Friedensgesprächen widersetzte. Völlig unklar ist jedoch, ob bei seiner Nachfolgeregelung nun ein "gemäßigter" Mann aufsteigt, den das Weiße Haus als friedenswillig ansieht. Wenn nicht, müsste Obama von seiner Logik her wieder Drohnen fliegen lassen. Ob sich so Frieden am Hindukusch herbeibomben lässt, steht allerdings auf einem ganz anderen Blatt.

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