US-Deserteur darf auf Schutz hoffen

Luxemburg · Ein US-Soldat wollte durch seine Flucht dem Einsatz im Irak-Krieg entgehen, sein Asylantrag scheiterte aber bei den deutschen Behörden. Nach einem Gutachten am EuGH aber darf er weiter auf Asyl in Deutschland hoffen.

Für André Shepherd war das ein guter Tag in Luxemburg . Der 37-jährige ehemalige US-Soldat darf wieder hoffen, vielleicht doch Asyl in Deutschland zu bekommen. Denn vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat er gestern viel Unterstützung erhalten. "Soldaten können durchaus ein Recht auf Asyl haben, wenn sie fürchten, durch den Militärdienst in Kriegsverbrechen verwickelt zu werden", betonte Generalanwältin Eleanor Sharpston in ihrem Gutachten für das Gericht.

Shepherd desertierte 2007, als er zum zweiten Mal in den Irak versetzt werden sollte. Schon 2004 hatte ihn das amerikanische Militär als Mechaniker zur Wartung von Apache-Kampfhubs chraubern vor Ort eingesetzt. Erst da, so argumentierte der ehemalige GI vor Gericht, sei ihm klar geworden, dass er an Kriegsverbrechen mitgewirkt habe. Sein Asylantrag wurde jedoch von den deutschen Behörden abgelehnt. In Luxemburg berief sich der Amerikaner auf die so genannte Qualifizierungs-Richtlinie der EU, die auch Militärangehörigen ein Recht auf Asyl einräumen, wenn sie in einen völkerrechtswidrigen Krieg ziehen. Die Generalanwältin, deren Gutachten den Richtern in der Mehrzahl der Fälle als Leitschnur dient, stellte sich gestern weitgehend hinter Shepherd. Es reiche bereits aus, dass ein Soldat begründet befürchten müsse, an Kriegsverbrechen mitzuwirken.

D och das Gutachten lässt eine ganze Reihe von Fragen offen, deren Antworten am Ende möglicherweise darüber entscheiden, ob die Bundesrepublik dem früheren Soldaten Schutz vor den Folgen eines Kriegsgerichtsverfahrens in den Vereinigten Staaten gewährt oder nicht. Ungeklärt, so die Gutachterin, sei beispielsweise, ob der damalige Soldat Shepherd nicht auch auf legalem Wege den Militärdienst im Irak habe verweigern können. Sollte es ein entsprechendes Verfahren in den USA geben, wäre sein Asylgesuch hinfällig.

Außerdem schlug Sharpston vor, dass die zuständigen deutschen Gerichte recherchieren, ob Shepherd im Falle einer Rückkehr in seine Heimat tatsächlich mit den befürchteten Sanktionen zu rechnen habe, die am Ende zu einer weitgehenden sozialen Ausgrenzung sowie zur Unmöglichkeit, einen Beruf zu ergreifen, führen würden. Denn nur wenn diese "Bestrafung unverhältnismäßig" sei, könne eine Anerkennung als verfolgter Flüchtling einen Asylanspruch begründen. Es wird damit gerechnet, dass der EuGH frühestens im Frühjahr 2015 seine Entscheidung bekannt gibt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort