„Unbedenklichkeitserklärung“ für den Ex-Ministerpräsidenten?

Saarbrücken/Karlsruhe · Sie war höchst umstritten, die Berufung von Saar-Ministerpräsident Peter Müller zum Bundesverfassungsrichter. Man unterstellte ihm politische Befangenheit. Jetzt, zweieinhalb Jahre später, vertrauen ihm seine Richterkollegen ausgerechnet das „politischste“ aller Themenfelder an: das Parteien- und Wahlrecht.

Es muss wehgetan haben, das Wort vom "Landrichter Müller". Und das, obwohl Peter Müller als saarländischer Ministerpräsident (1999-2011) an Unfairness gewöhnt war. Doch die Herablassung und Parteilichkeits-Unterstellungen, die vor zweieinhalb Jahren seine Berufung zum Bundesverfassungsrichter begleiteten, trafen nicht den CDU-Politiker. Sie trafen den Juristen, der zu Recht stolz war, beide Examina mit eins abgelegt zu haben. Und trafen den Mann, der kein Vorruhestands pöstchen suchte, sondern eine neue Herausforderung, zugleich die Erfüllung eines Lebenstraums. Öffentlich geäußert hat sich Müller (58) zu all dem nie. Gestern nun wurde bekannt, dass er nach einer Geschäftsumverteilung als Berichterstatter beim Bundesverfassungsgericht zuständig wird für das gesamte Wahl- und Parteienrecht. Damit übernimmt das "Dezernat Müller" unter anderem die Vorbereitung des anhängigen NPD-Verbotsverfahrens, das politische Schwergewichtsverfahren schlechthin. "Es hat mich sehr gefreut, dass die Kollegen mir diese Aufgabe anvertrauen wollen", sagte Müller der Saarbrücker Zeitung. Er bleibe zusätzlich für das Gebiet Strafvollstreckung verantwortlich.

Müller befindet sich zur Zeit in der Schweiz im Urlaub. In seiner Abwesenheit fassten die Richterkollegen des Zweiten Senats, dem auch Präsident Andreas Voßkuhle angehört, gestern den Beschluss für einen neuen Geschäftsverteilungsplan. Dies bestätigte der Pressechef des Bundesverfassungsgerichts auf Nachfrage. Anlass für die Neuordnung bot das Ausscheiden von Müllers Kollegen Michael Gerhardt . Der erhielt gestern vom Bundespräsidenten seine Entlassungsurkunde, sein Nachfolger Ulrich Maidowski wurde ernannt. Doch nach jedem Richterwechsel werden im Senat, dem acht Richter angehören, die Aufgaben anders verteilt. Die Umverteilung wird allerdings vorbesprochen.

Müller nennt die neue Aufgabe "spannend", erwartet "mehr Arbeit". Welche Emotionen verbinden sich damit? Ist es ein Ritterschlag? Ein Karrieresprung innerhalb des Kollegiums? Dazu gibt's von Müller nichts zu hören. Er meint lediglich, die Bedenken, dass ein Parteipolitiker auf Grund seiner Biografie für das Richteramt am Bundesverfassungsgericht nicht geeignet sein könnte, teilten die Kollegen offensichtlich nicht. Müller spielt an auf die ungewöhnliche Debatte, die 2011 los brach. Üblicherweise läuft die Besetzung der 16 Richterstellen nach einem zwischen CDU und SPD exakt austarierten Absprachemodus, ist Formsache.

Doch bei Peter Müller schaukelte sich das Ganze zum Politikum hoch, drohte gar zu scheitern. Zu befürchten war eine späte Rache der Genossen, weil die CDU 1993 die Berufung der Ex-Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD ) torpediert hatte. Nun argumentierte die Opposition ähnlich: Müller habe eine zu große Nähe zu denen, die er kontrollieren solle, hieß es. Die monatelange Hängepartie ging einher mit autoritätsschädigenden Angriffen: Er sei unterqualifiziert, bringe nur vier Jahre Richtererfahrung in Ottweiler und Saarbrücken mit. Seit gestern: Schnee von gestern.

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