Umstrittener Franzose für Brüssel

Paris · Frankreichs Präsident schickt seinen früheren Finanzminister als EU-Kommissar nach Brüssel. Welches Ressort der Sozialist leiten soll, ist allerdings noch unklar. Denn aus Deutschland kommt Widerstand gegen einen französischen Währungskommissar.

Mit 37 Jahren Europaabgeordneter, mit 40 Europaminister und zuletzt zwei Jahre Finanzminister : Mit diesem Lebenslauf ist Pierre Moscovici ein guter Kandidat für einen EU-Kommissionsposten. Es war deshalb auch keine Überraschung, dass der französische Präsident François Hollande seinen langjährigen Weggefährten am Dienstagabend nominierte. Welches Ressort der Sozialist in Brüssel leiten soll, schrieb Hollande aber nicht in seinem Brief an Kommissions-Chef Jean-Claude Juncker.

Denn der Staatschef weiß, dass "Mosco" umstritten ist - vor allem als Währungskommissar. "Wenn man ausgerechnet denjenigen französischen Finanzminister zum EU-Währungskommissar ernennt, der nichts zur Einhaltung des Stabilitätspaktes getan hat, dann ist das so, als ob man den Teufel mit dem Beelzebub austreiben wollte", kritisierte der Haushaltsexperte der CDU , Norbert Barthle. Moscovici war es nämlich, der vor gut einem Jahr in Brüssel durchsetzte, dass Frankreich einen Aufschub von zwei Jahren für die Sanierung seines Haushalts bekommt. Derjenige, der Frankreich noch länger zum Defizitsünder machte, könnte also in der EU über die Haushaltsdisziplin der anderen wachen.

"Hollande zwingt Europa das Symbol des wirtschaftlichen Scheiterns Frankreichs auf", schimpft der konservative Abgeordnete Jean François Mancel. Die konservativen französischen EU-Parlamentarier wollen deshalb gegen die Personalie stimmen. Zweifel an der Besetzung des Postens mit einem Franzosen hatte auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU ) angemeldet. Er spekulierte über die Reaktionen, "wenn eine solche Position in dieser Situation nun ausgerechnet mit einem französischen Kandidaten besetzt werden würde". Das solle aber kein Seitenhieb gegen Moscovici sein, "ein von mir hoch geschätzter Kollege".

Vor allem Querelen mit Industrieminister Arnaud Montebourg waren es, die im April zu "Moscos" Entlassung geführt hatten. In Frankreich gilt der 56-Jährige als "brillanter Mann, überzeugter Europäer, aber mit einem etwas dilettantischen Ruf", wie die Zeitung "Le Monde " schreibt. Das will er in Brüssel nun ändern. Dort könnte der Sohn eines rumänischen Einwanderers bei einer Blockade des Währungsressorts auch einen anderen Posten übernehmen. Der Elysée-Palast soll schon von dem für Frankreich so wichtigen Wettbewerbsressort träumen. Ein weiteres Szenario ist, Moscovici zu Junckers Vize zu machen und ihm die Verantwortung für die von den Franzosen so sehr beschworene Wachstumspolitik zu geben. Die Entscheidung fällt spätestens am 30. August.

Bereits heute werden in Brüssel weitere Entscheidungen erwartet. Denn spätestens heute müssen die nationalen Regierungen ihren jeweiligen Kandidaten für die Kommission benennen. 21 Länder haben das bereits getan, Italien, Slowenien, Belgien, die Niederlande, Portugal und Rumänien fehlen noch. Der Beelzebub ist Moscovici sicher nicht. Auch wenn die CDU das so sieht. Doch kann er das heikle EU-Währungsressort leiten? In seiner Zeit als Finanzminister gelang es ihm nicht, den französischen Haushalt in den Griff zu bekommen. Ein schlechtes Sparbeispiel lieferte er da ab. Vor allem für einen künftigen Währungskommissar, der über die Haushaltsdisziplin der Mitgliedsländer wachen soll. Auch über die seines eigenen Landes, das im nächsten Jahr erneut das Defizitziel verfehlen dürfte.

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