Umfrage in der Saarbrücker City „Ich glaube nicht, dass sich das Digitale aufhalten lässt“

Saarbrücken · Bestellen wir künftig alles nur noch im Netz? Eine Umfrage in der Saarbrücker Innenstadt zeigt: Nicht nur Ältere sehen den Einkauf per Mausklick skeptisch.

 Sandra (36) kauft Weihnachtsgeschenke gerne online.

Sandra (36) kauft Weihnachtsgeschenke gerne online.

Foto: Fatima Abbas

Onlineshoppen ist wie Lakritze. Die einen hassen es, die anderen haben ein Faible dafür. Und so geht es in der Saarbrücker Innenstadt bunt durcheinander. Mal traditionell, mal digital. Von alt bis jung, männlich über weiblich, Rentner bis Azubi. Für alle gilt: Die gute alte Ladentheke ist noch lange kein Ladenhüter. Auch wenn Einkaufen im Internet für die meisten mittlerweile dazugehört, so wie für Sandra aus Saarbrücken. Als Mutter schaut die 36-Jährige im Internet vorzugsweise nach Schnäppchen, meistens beim Online-Versandhändler Amazon. „Vor allem Spielsachen“ seien dort oft günstiger als in der Bahnhofstraße. „Wenn es online ein Drittel weniger kostet, dann überlegt man es sich dreimal, ob man in den Laden geht.“ Und nimmt auch schon mal in Kauf, dass nicht alles auf Anhieb gefällt. Bestellen, annehmen, wieder einpacken, zurückschicken: „Für mich kein Problem.“ Nur eines würde sie niemals online kaufen: Klamotten.

Bei Romina, Tessa und Laura ist es genau umgekehrt: Wenn sie online shoppen, dann vor allem Kleidung, erst recht, wenn es um besondere Anlässe wie Weihnachten oder Silvester geht. Sie sind 21, 22 und 20 Jahre alt, machen eine Ausbildung zur Rechtsanwaltfachangestellten. Ihre Offline-Online-Konsum-Verteilung: 70 zu 30 bei Romina, 60 zu 40 bei Tessa und Laura. Eine Zukunft ohne Kassenpiep-Geräusche können sie sich bei bestem Willen nicht vorstellen. Auch wenn Tessa der Stress mit den Massen oft auf die Nerven geht. „Wenn ich eine lange Schlange sehe, drehe ich sofort um.“

  Eher Digitalmuffel: Rebecca aus St. Wendel und Elias aus Waldmohr.

Eher Digitalmuffel: Rebecca aus St. Wendel und Elias aus Waldmohr.

Foto: Fatima Abbas

Für die 23-jährige Rebecca aus St. Wendel geht nichts über Bücher aus ihrem Lieblingsantiquariat in Saarbrücken. Denen werde sie „immer treu bleiben“. Lesestoff per Mausklick? Kommt nicht in die Einkaufstüte. Nur Kleidung, das schon. Aber dann nur bei einer bestimmten Marke. Ähnlich selektiv geht Elias aus Waldmohr vor. Er kauft im Internet Filme, Ladegeräte fürs Handy und seine Reenactment-Ausrüstungen, also Spezialtrachten für Zeitreisen in die Vergangenheit.

Letztere will Helga Müller nicht machen müssen, um künftig noch echte Läden vorzufinden. Fragt man die 78-Jährige, die sonst gerne im Internet surft, danach, ob sie online einkauft, reagiert sie einsilbig: „Null.“ Ähnlich das Ehepaar Müller aus Dudweiler: beide über 80. Karl Müller hat an diesem Dienstag keine Hand mehr frei, ein Mann umringt von Einkaufstüten. „Echter Christstollen von der Bescheider Mühle.“ Kiloweise. Sich sowas online zu bestellen, wäre für ihn eine Sünde am heiligen Produkt. Außerdem würde es ihn tierisch nerven, „auf den DHL-Boten“ zu warten, „unfrei“ zu sein, Waren zurückzuschicken. Auch seine Frau schätzt den persönlichen Kontakt in den vertrauten Läden. „Wir können uns nichts anderes vorstellen.“

 Marvin Schwarz würde nie Lebensmittel im Internet bestellen.

Marvin Schwarz würde nie Lebensmittel im Internet bestellen.

Foto: Fatima Abbas

Da würde auch Konstantin heftig nicken, obwohl ihn rund 70 Jahre von den Müllers trennen. Der 14-Jährige präsentiert stolz seine frisch im Laden erstandene Mütze. „Ich kaufe eigentlich nichts online.“ Dafür fehle ihm das Vertrauen. „Ich muss sehen, was ich bekomme.“

So ähnlich handhabt das auch der 25-jährige Marvin. Der Kunststudent kauft höchstens mal Bücher oder Büromaterial online. Ansonsten klare Linie: „Lebensmittel regional, Kleider stationär.“ Offline-Online-Verhältnis: 80 zu 20. Er ist ziemlich irritiert darüber, dass sich Menschen, die es nur wenige Meter bis zum Supermarkt haben, ihre Butter, Gurken und Cornflakes nach Hause liefern lassen. „Ich glaube nicht, dass sich das aufhalten lässt.“ Online sei auch für den Handel die Zukunft, davon ist er überzeugt. Was das aber auch bedeutet: „Das Stadtbild verändert sich. Es fällt mir kaum noch ein inhabergeführter Laden ein. Und das ist traurig.“

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