Überall Verschwörer
Rom. Richard Nelson Williamson (68, Foto: dpa) ist ein zum Katholizismus konvertierter Anglikaner, der den Vatikan auf einem Irrweg sieht, den Holocaust leugnet und die Anschläge vom 11. September 2001 in Zweifel zieht
Rom. Richard Nelson Williamson (68, Foto: dpa) ist ein zum Katholizismus konvertierter Anglikaner, der den Vatikan auf einem Irrweg sieht, den Holocaust leugnet und die Anschläge vom 11. September 2001 in Zweifel zieht. Der Piusbruder hat sich in seiner Separat-Wirklichkeit eingerichtet, in der er eine "wahre Kirche" Christi herbeisehnt, die sich nicht vom Judentum "auf die Knie" zwingen lässt. Eingebunkert in das Priesterseminar Nuestra Señora Corredentora im argentinischen La Reja verbreitete er zuletzt seine Provokationen, die die katholische Kirche erschütterten - doch das ging den Gastgebern schließlich zu weit, so dass sie den Unruhestifter nun aufforderten, das Land binnen zehn Tagen zu verlassen.
"Er ist ein Clown, aber ein gefährlicher Clown", sagt Shimon Samuels vom Simon-Wiesenthal-Zentrum in Paris. Auf Williamsons Homepage dinoscopus.blogspot.com stellt er sich selbst als Dinosaurier dar, der in der einen Kralle einen Bischofsstab und auf dem Kopf eine Mitra trägt. Im September 2008 verbreitete er dort, wer an die "Zeitungsversion der Ereignisse vom 11. September 2001" glaube, habe "auf die Fakten nicht geachtet". 1989 verbreitete er von Kanada aus, der Holocaust sei "von den Juden erfunden, um uns auf die Knie zu zwingen, damit ihr neuer Staat Israel akzeptiert wird". In einem Interview mit dem schwedischen Fernsehen sagte er im Januar, er denke, dass "200 000 bis 300 000 Juden in den Konzentrationslagern gestorben" seien, aber "nicht ein einziger von ihnen in Gaskammern".
Für die französische katholische Wochenschrift "La Vie" ist Williamson der "emblematischste Vertreter" der antisemitischen Strömungen in der Piusbruderschaft. Sie haben sich das Gedankengut auf die Fahnen geschrieben, das mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil überwunden werden sollte. "Seit die Juden sich der Kreuzigung unseres Herrn Jesus Christus schuldig gemacht haben, haben sie (. . .) als Rasse und Religion nicht aufgehört, ihn bis heute abzulehnen", heißt es in einer früheren Äußerung Williamsons. Zwist herrscht selbst innerhalb der Piusbruderschaft. Seit 1994 steht Williamson im Verdacht, er wolle sich an die Spitze der Kräfte stellen, die den "Apostaten in Rom" die Stirn bieten. In diesem Milieu scheinen überall Verschwörer zu hocken. Es gibt Gerüchte, Williamson wolle den Leiter der Piusbruderschaft, Bernard Fellay, vom Thron stürzen.
Hintergrund
Nach der angeordneten Ausweisung aus Argentinien ist Richard Williamson untergetaucht. Sein Aufenthaltsort war am Freitag unbekannt. Ein Mitglied des Priesterseminars Piusbruderschaft, das Williamson bis vor kurzem leitete, sagte, dort sei er seit dem Vortag nicht mehr. dpa