Trumps Bürgerkrieg mit den Republikanern

Washington · Der Riss zwischen Donald Trump und seiner eigenen Partei wird immer tiefer. Führende Vertreter sagen sich von ihm los. Der republikanische Präsidentschaftskandidat reagiert schroff.

Es begann mit einem trotzigen Tweet. Endlich könne er alle Fesseln abstreifen, schrieb Donald Trump . Illoyale Republikaner, schob er hinterher, seien noch viel, viel schlimmer als Hillary Clinton . Mit etlichen dieser Leute würde er gewiss nicht in einem Fuchsbau sitzen wollen, wetterte er später. Besonders gelte das für Paul Ryan : Der Mann sei übersensibel, "schon wenn du niest, meldet er sich zu Wort und erklärt, das sei eine schreckliche Sache".

In Wahrheit muss es für den Milliardär ein schwerer Schlag gewesen sein, als der Sprecher des Repräsentantenhauses, 2020 ein möglicher Anwärter fürs Weiße Haus, nach monatelangem Schlingerkurs auf Distanz zu ihm ging. Nach der Veröffentlichung eines Videos, in dem Trump davon sprach, Frauen an die Genitalien zu fassen, zog Ryan die Notbremse und erklärte, nicht mehr für den Kandidaten seiner Partei werben zu wollen. Damit ist er einer von vielen, mehr als 160 prominente Republikaner verweigern Trump nunmehr öffentlich die Unterstützung. Vorneweg John McCain , der altgediente Senator, dem ausgerechnet Trump daraufhin vorwarf, sich einer vulgären Sprache zu bedienen.

Manche, die auf dem Nominierungskonvent im Juli noch den schönen Schein gewahrt und sich mit dem selbstverliebten Unternehmer arrangiert hatten, treten inzwischen die Flucht nach vorn an. Sie trennen sich von einem Kandidaten, von dem sie nicht mehr glauben, dass er am 8. November gewinnen kann. In einer Umfrage von "Wall Street Journal" und NBC News liegt Trump um neun Punkte hinter Clinton. Vor allem bei Wählern mit College-Abschluss, sonst in ihrer Mehrheit eine Bank für die Republikaner, hat er im Zuge des Videoskandals Federn gelassen.

Letzten Endes aber stürzt der offene Clinch beide Seiten ins Dilemma, sowohl den Milliardär als auch das Establishment der Konservativen. Dort, wo ihm die Parteiprominenz die kalte Schulter zeigt, wird Trump auf eigene Faust Wahlkampf machen müssen, ohne sich auf lokale Strukturen verlassen zu können. Möglicherweise hat es zur Folge, dass Clinton in Bundesstaaten siegt, in denen die Demokraten in aller Regel auf verlorenem Posten stehen. Andererseits kann es sich die Parteielite nicht leisten, jene Teile der Basis zu verprellen, die Trump unbeirrt die Treue halten. Schickt sie den Populisten in die Wüste, muss sie damit rechnen, dass sich dessen wütende Anhänger rächen und republikanischen Bewerbern für Senat oder Abgeordnetenhaus am Wahltag ihre Stimme verweigern. Die Folge ist ein Spagat, wie ihn etwa Marco Rubio versucht, der noch vor acht Monaten als Favorit für die Kandidatenkrone gehandelte Senator aus Miami. "Ich wünschte, wir hätten einen besseren Bewerber", sagt der 45-Jährige, "aber ich will nicht, dass Hillary Clinton Präsidentin wird." Ergo nehme er seine Empfehlung für Trump nicht zurück.

Meinung:

Mit Vollgas gegen die Wand

Von SZ-Korrespondent Frank Herrmann

Für die US-Republikaner muss es sich anfühlen, als säßen sie in einem Zug, der mit hohem Tempo auf eine Wand zurast. Aussteigen können sie nicht, der Lokführer bremst nicht, weil er damit beschäftigt ist, all jene zu beschimpfen, die an seiner Qualifikation zweifeln. Sie sind Gefangene eines Kandidaten, der nur noch flegelt, seit ein elf Jahre altes Video dokumentierte, dass er in Frauen in erster Linie Sexobjekte sieht. Mancher Passagier ist bereits verzweifelt aus dem Waggon gesprungen, andere stehen kurz davor, wieder andere hoffen auf ein Wunder. Bleibt es bei der jetzigen Abwärtsspirale, steuern Amerikas Konservative im November auf eine demütigende Niederlage zu. Dann bleibt ihnen nicht nur der Einzug ins Weiße Haus verwehrt. Dann müssen sie auch um ihre sicher geglaubte Mehrheit im Senat bangen.

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