Krise in Caracas Trump spielt die Öl-Karte gegen „Diktator“ Maduro

Caracas · Zoff unter Partnern: Der US-Präsident droht Venezuelas Chef mit dem Stopp aller Ölimporte aus dem Krisenland. Das hätte gefährliche Folgen.

 US-Präsident Trump droht Präsident Maduro.

US-Präsident Trump droht Präsident Maduro.

Foto: dpa/Evan Vucci

Sie lieben beide große Menschenmengen, Twitter und das Verdrehen der Realität. Anfangs, da sah Nicolás Maduro noch ein Tauwetter aufziehen mit Donald Trump im Weißen Haus. Während viele Menschen in Caracas im Müll nach Essen suchen, spendete der Ölkonzern Citgo, der dem venezolanischen Staatskonzern PDVSA gehört, 500 000 Dollar für die Vereidigungsfeier Trumps am Washingtoner Capitol.

Doch jetzt geht der US-Präsident härter als Amtsvorgänger Barack Obama gegen Venezuelas Staatschef vor. Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster sagt: „Maduro ist nicht einfach nur ein schlechter Anführer, er ist jetzt ein Diktator.“ Erster Schritt: Mögliche Vermögen des Sozialisten in den USA werden nun eingefroren – nur gegen Kim Jong Un (Nordkorea), Robert Mugabe (Simbabwe) und Baschar al-Assad (Syrien) wurden bisher solche US-Sanktionen verhängt.

Aber das könnte erst der Anfang sein: Mit über 300 Milliarden Barrel hat Venezuela auf dem Papier die größten Reserven der Welt, knapp zwei Millionen Barrel werden pro Tag gefördert – und davon gehen satte 700 000 in die USA. Zehn Prozent der Ölimporte der USA kommen aus dem Land des „Diktators“, sozusagen vom Klassenfeind. Bei einem Preis von derzeit 43 Dollar (36,5 Euro) für Öl aus Venezuela sind das etwa 30 Millionen Dollar am Tag und 10,9 Milliarden Dollar im Jahr.

Maduro ist von den USA abhängig; das ist der wunde Punkt. „Wir prüfen alle unsere politischen Optionen“, betont Außenminister Rex Tillerson, zuvor Chef des Ölmultis ExxonMobil. Maduro scheint aber in die Enge getrieben, unberechenbar, und lässt den von Trump unterstützten Oppositionsführer Leopoldo López ins Gefängnis werfen. Er verspottet Trump als „Imperator“ und Anhänger des Ku-Klux-Klans. Er nutzt das Feinbild Trump zum Schließen der eigenen Reihen daheim.

Mit dem Militär im Rücken scheint Maduro gewillt, nach Augusto Pinochet in Chile die erste offene Diktatur in Südamerika seit fast 30 Jahren zu errichten. Aber hinter der Fassade brodelt es – er hat voll auf die Karte des „schwarzen Goldes“ gesetzt, das ist zum Fluch geworden. Venezuela hat eine marode Ölindustrie, die Förderkosten sind hoch, die Förderung eingebrochen. Raffiniertes Öl für Benzin muss sogar teilweise aus den USA importiert werden. Es ist das billigste der Welt, wegen der Rekordinflation gibt es für einen Euro weit über 1000 Liter Benzin. Diese Subventionen kosten mehrere Milliarden Dollar im Jahr, das Geld fehlt für den Import von Lebensmitteln und Medikamenten, selbst von Klopapier. Der Blick auf eine Tabelle des Ölministeriums zeigt das Drama: Der Preis fällt seit 2016 stetig. Da auch noch fast monatlich Auslandschulden zu bedienen sind, verschärft sich die Krise. Hinzu kommen Korruption und Misswirtschaft der Sozialisten in Caracas. Hugo Chávez hatte das Glück eines Ölpreises von zeitweise bis zu 100 Dollar je Barrel, die Zahl der Armen im Land wurde von 50 auf rund 30 Prozent reduziert.

Diese Leistung erklärt bis heute den starken Rückhalt auch für Maduro. Und jener schafft Abhängigkeiten. Um in den Genuss von Lebensmittelpaketen zu kommen, muss man ein „Carnet de la Patria“ beantragen – und erklären, die Regierung zu unterstützen. Darüber wurde auch kontrolliert, wer am Sonntag zur umstrittenen Wahl der Verfassungsgebenden Versammlung gegangen ist, die das von der Opposition dominierte Parlament abschaffen und ersetzen könnte. Es gibt Hinweise auf massive Manipulationen – es hätten viel weniger Menschen abgestimmt als die verkündeten 8,1 Millionen, hieß es.

Ein Stopp der Ölimporte durch die USA könnte die Zahlungsunfähigkeit bewirken und damit den Druck auf Maduro in den eigenen Reihen so erhöhen, dass er gestürzt wird. Weltweit könnte der Ölpreis steigen, was aber den US-Kontrahenten Iran und Russland nutzen könnte, sagte der frühere Regierungsberater David L. Goldwyn der „New York Times“. Dies könne zudem die soziale Situation im Land verschlimmern und viele Menschen flüchten lassen. Vorerst ist es nur eine Option. Aber Trump ist dafür bekannt, Optionen zu ziehen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort