Spannungen in München Trümmer statt Taten: die Unsicherheitskonferenz

München · 48 Stunden lang wird bei der Sicherheitskonferenz in München gerungen, gedroht und gestritten. Am Ende herrscht vor allem Ernüchterung.

 Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hält ein Stück einer abgeschossenen Drohne hoch.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hält ein Stück einer abgeschossenen Drohne hoch.

Foto: dpa/Lennart Preiss

Am Ende bleibt vor allem ein schmutziges Trümmerteil im Gedächtnis. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu bringt es bei seinem Premierenauftritt auf der Münchner Sicherheitskonferenz am Sonntag mit auf die Bühne. „Herr Sarif, erkennen Sie das?“, fragt er und reckt das armlange Stück einer von Israel vor wenigen Tagen abgeschossenen Drohne in die Höhe. „Es gehört Ihnen!“, ruft Netanjahu. Ein Trümmerteil als Trophäe. Mohammed Sarif kann ihn nicht hören. Der iranische Außenminister ist noch gar nicht im Saal. Später wird Sarif den Auftritt einen „Zirkus“ nennen. Miteinander reden die beiden nicht.

Die Szene steht für eine von zig Krisen und Konflikten, die die rund 500 Gäste der Sicherheitskonferenz umtreiben. Reden und Zuhören, das ist das Ziel des weltweit größten Treffens von Spitzenpolitikern und Sicherheitsexperten. Zu besprechen gibt es reichlich. Kriege, Terror, Flucht auf der ganzen Welt. „Wir sollten dieses Wochenende nutzen, um Frieden und Sicherheit zu fördern“, eröffnet Wolfgang Ischinger am Freitag seine Konferenz.

Doch 48 Stunden später herrscht vor allem eins: Ernüchterung. Im Luxushotel Bayerischer Hof werden düstere Töne angeschlagen. Außenminister Sigmar Gabriel sieht die Welt am Abgrund. Sein russischer Kollege Sergej Lawrow warnt vor neuem Faschismus in Europa. Ischinger sagt, die Gefahr einer Konfrontation der Großmächte sei groß wie nie.

Die USA, einst so etwas wie eine Weltpolizei, sind unter der Präsidentschaft von Donald Trump unberechenbar geworden – mit noch unabsehbaren Folgen. „Wir sind uns nicht mehr sicher, ob wir unser Amerika noch wiedererkennen“, sagt Gabriel.

Trumps Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster vertritt das Weiße Haus auf der Bühne. Er nutzt seine Redezeit nicht für eine Rückversicherung gegenüber verunsicherten Europäern, sondern für scharfe Worte an die Gegner der USA, etwa den Iran.

Dafür haben die Europäer eine Botschaft für die andere Seite des Atlantiks. Sie wollen ihr Schicksal stärker in die eigene Hand nehmen. Mehr Unabhängigkeit, mehr Eigenverantwortung sind die Stichworte. SPD-Minister Gabriel nutzt seine möglicherweise letzte große Rede auf internationaler Bühne für einen Appell an die Europäer, ruft zu mehr militärischem Machtbewusstsein auf. „Als einziger Vegetarier werden wir es in der Welt der Fleischfresser verdammt schwer haben.“ EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker fordert ein „weltpolitikfähiges“ Europa.

Die EU als neue Weltpolizei? Eher unwahrscheinlich. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Juncker sprechen sich zwar in München sogar dafür aus, das Einstimmigkeitsprinzip in der europäischen Außenpolitik aufzugeben, um die EU handlungsfähiger zu machen. Aussichten auf Erfolg dürften solche Vorschläge allerdings in absehbarer Zeit nicht haben. Zu uneins sind sich die Vegetarier über den Speiseplan.

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