Toyota bereitet Amerikanern "schlaflose Nächte"

Washington. Kaum ein Thema erhitzt die Gemüter der US-Amerikaner derzeit so sehr wie die Pannenserie bei Toyota. Denn kaum ein Thema berührt den Alltag der US-Amerikaner so hautnah. "Es bereitet mir schlaflose Nächte, dass meine beiden Töchter und meine Enkel täglich Toyota-Autos fahren", sagt etwa Donna Christensen

Washington. Kaum ein Thema erhitzt die Gemüter der US-Amerikaner derzeit so sehr wie die Pannenserie bei Toyota. Denn kaum ein Thema berührt den Alltag der US-Amerikaner so hautnah. "Es bereitet mir schlaflose Nächte, dass meine beiden Töchter und meine Enkel täglich Toyota-Autos fahren", sagt etwa Donna Christensen. Die 64-Jährige sitzt für die Demokraten im Repräsentantenhaus und gehört zu den Abgeordneten, die das Debakel um das unkontrollierte Beschleunigen der japanischen Autos aufklären sollen. Gleich ein halbes Dutzend Abgeordnete bekannten sich in einer Kongress-Anhörung dazu, Toyota zu fahren. Selbst der bislang durch harsche Kritik an dem Hersteller aufgefallene Ausschussvorsitzende David Waxman äußerte Sympathie: "Toyota baut gute Autos, ich habe selbst eines gefahren." Er sei deshalb auch so enttäuscht über das Verhalten des Unternehmens. Er warf Toyota vor, die Öffentlichkeit zu täuschen und den wahren Grund für die Pannenserie zu verschleiern. Die Diskussion um die Sicherheit von Millionen Autos wird in den USA mit großen Emotionen geführt. 34 Menschen sollen bereits bei Unfällen gestorben sein. "Ich spreche im Namen derer, die ihre Leben verloren haben", begann Rhonda Smith ihre eigene Geschichte. Sie berichtete dem Plenum über ihr alptraumhaftes Erlebnis in einer Lexus-Limousine vor dreieinhalb Jahren, als sie auf dem Highway unterwegs war. Der Wagen habe unaufhaltsam beschleunigt, sie habe keinerlei Kontrolle mehr über das Fahrzeug gehabt, sagte sie. "Ich habe zu Gott gebetet, er möge mir helfen." In ihrer Verzweiflung habe sie ihren Mann angerufen. "Ich wusste, er konnte mir nicht helfen, aber ich wollte seine Stimme hören", erzählte sie unter Tränen. "Nach sechs Meilen hat Gott eingegriffen." Der Wagen sei langsamer geworden und habe schließlich gestoppt. "Autos werden wieder unheimlich", titelte das "Wall Street Journal" Anfang des Monats, als immer neue gefährliche Defekte bei Toyota auftauchten. Es sei so wie vor hundert Jahren, als die ersten knatternden Automobile sich zwischen die Pferdefuhrwerke drängten und den Menschen Angst einflößten, verglich die US-Zeitung. Was den Menschen heute Angst macht, ist lautlos: die um sich greifende Elektronik. "Autos sind rollende Computer geworden", sagte der Ausschussvorsitzende Waxman. Während früher Seilzüge die Bewegungen der Pedale auf Motor und Bremsen übertrugen, sind es heute Sensoren und Chips. Seit Wochen beteuert Toyota aber, dass das ungewollte Beschleunigen ein rein mechanisches Problem sei. Die Gaspedale klemmten, wiederholte Statthalter James Lentz das Altbekannte. Nur um wenig später auf bohrende Nachfragen der Parlamentarier einräumen zu müssen, dass er nicht hundertprozentig ausschließen könne, dass es doch andere Ursachen gebe. Um die Menschen zu beruhigen, hat Toyota angekündigt, ein Notsystem in alle neuen Fahrzeuge einzubauen: Wenn Gas und Bremse gemeinsam getreten werden, soll der Wagen auf jeden Fall stoppen. Auch Millionen alter Autos sollen diesen Nothalt verpasst bekommen. "Was wird Toyota für die Besitzer von Autos tun, die nicht mit dem Sicherheitssystem nachgerüstet werden können?", fragte der Leiter des Untersuchungsausschusses, Bart Stupak. Toyota-Manager Lentz blieb eine befriedigende Antwort schuldig. Bei vielen Amerikanern bleibt nach der Anhörung, die fast den ganzen Dienstag dauerte, deshalb ein mulmiges Gefühl. Auch bei den Parlamentariern. "In weniger als zwei Monaten wird meine 16-jährige Tochter ihren Führerschein bekommen, und sie wird einen 1994er Toyota Camry fahren", sagte die Demokratin und bekennende Toyota-Liebhaberin Diana Getty. "Also lassen sie uns das klarkriegen!"

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