Topfit und entschlossen: Herr Schäuble kämpft um sein Amt

Washington/Berlin · Wolfgang Schäuble (CDU) vermittelt dieser Tage nicht den Eindruck, als sei er womöglich nur Minister auf Abruf. Ob er Kassenwart und Euro-Retter bleiben kann, hängt vom künftigen Koalitionspartner der Union ab.

Wolfgang Schäuble bemüht sich im Kreis seiner Amtskollegen in Washington, so wie immer zu sein. Bloß nicht den Eindruck einer Abschiedstour vermitteln unter den Finanzministern und Notenbankchefs der Top-Wirtschaftsmächte. Um Antworten auf Fragen nach seiner Rolle in der neuen Bundesregierung drückt sich Deutschlands oberster Kassenwart herum und verweist auf den laufenden Koalitionspoker in Berlin.

Dabei könnten es durchaus Schäubles letzte Auftritte auf großer Bühne sein - als Euro-Krisenmanager und beim Jahrestreffen des Internationalen Währungsfonds (IWF). Denn dass der gewiefte CDU-Politiker Finanzminister unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bleibt, ist trotz des klaren Wahlsiegs und der hohen Beliebtheitswerte in der Bevölkerung nicht ausgemacht. Kommt es zur Wiederauflage der großen Koalition, kann der 71-jährige Politprofi nicht davon ausgehen, weiter über Haushalt sowie Steuern zu wachen und in Brüssel oder Washington bei Bankenunion und Finanzmarkt-Regeln am Verhandlungstisch mitzufeilschen. Auch wenn Schäuble Spaß daran hat und für Merkel unverzichtbar ist. Und obwohl das Kräfteverhältnis zwischen Union und SPD eindeutig ist.

Die SPD will zwar verfrühtes öffentliches Postengeschacher unterdrücken. Die Sozialdemokraten schielen aber auf das Schlüsselressort, um ein Gegengewicht zum Kanzleramt aufzubauen und vom möglichen Vetorecht des Kassenwarts Gebrauch zu machen. Die krachend aus dem Bundestag geflogene FDP weiß, dass es ein Fehler war, 2009 nicht auf den Posten beharrt zu haben.

Zu Gute kommen könnte Schäuble, dass die Genossen nicht wirklich scharf darauf scheinen, erneut das Finanzministerium zu übernehmen - wie schon zwischen 1998 und 2009. Offensichtlich auch wegen fehlender geeigneter Kandidaten. Ex-Ressortchef Peer Steinbrück hat abgewunken. Der Direktor der Europäischen Zentralbank (EZB), Jörg Asmussen, trägt zwar das richtige Parteibuch, er ist aber zu wenig vernetzt in der Partei. SPD-Chef Sigmar Gabriel gilt in einem schwarz-roten Bündnis als Vize-Kanzler gesetzt - dies aber wohl kaum als Finanzminister. In den Ländern verfügen die Sozialdemokraten durchaus über Kandidaten. Das nötige politische Gewicht und Verhandlungsgeschick könnte aber Frank-Walter Steinmeier einbringen. Die Lust des gerade wiedergewählten Fraktionschefs und Ex-Außenministers auf den Job hält sich aber in Grenzen. Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann zeigt bisher wenig Ehrgeiz.

Die verunsicherten Genossen müssen sich aber fragen, ob die Europapolitik weiter vom Tandem Merkel/Schäuble bestimmt wird und sie als Juniorpartner im Parlament das nur abnicken. Schäuble jedenfalls fühlt sich topfit. Auch in Washington demonstriert er, dass er Finanzminister bleiben will. Weitere Gipfeltermine dürfte er vorgemerkt haben.

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