Terroristen wollten in Essen zuschlagen

Essen · Die Polizei riegelt am Samstag ein Einkaufszentrum ab und vereitelt offenbar ein Attentat im Auftrag des IS.

 Schwer bewaffnete Polizisten sichern am Samstag das geschlossene Einkaufszentrum In Essen. Foto: Thissen/dpa

Schwer bewaffnete Polizisten sichern am Samstag das geschlossene Einkaufszentrum In Essen. Foto: Thissen/dpa

Foto: Thissen/dpa

(dpa) Nach dem Terroralarm und der Schließung eines Einkaufszentrums am Samstag in Essen arbeiten die Behörden mit Hochdruck an der Aufklärung der Hintergründe. Es verdichten sich die Hinweise, dass die Polizei einen schweren Anschlag von Islamisten verhindert haben könnte.

Über den mutmaßlichen Drahtzieher sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) in der ARD: "Die Verbindung zum sogenannten Islamischen Staat, dieser Terrororganisation, ist vorhanden. In der Tat gab es Hinweise oder Aufträge aus der Region von jemandem, der aus Deutschland dorthin gereist ist."

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte nach Angaben von de Maizière von einem möglichen Anschlag im Einkaufszentrum "Limbecker Platz" erfahren und die Polizei informiert. Die ordnete am frühen Samstagmorgen an, das mehrgeschossige Einkaufszentrum in der Innenstadt den ganzen Tag geschlossen zu lassen. Mit Maschinenpistolen bewaffnete Polizisten riegelten den Gebäudekomplex ab. Wie zu erfahren war, ging es um einen konkret für Samstag geplanten Anschlag einer ganzen Tätergruppe. Nach Angaben des Managements halten sich samstags im Schnitt bis zu 60 000 Menschen in dem Ladenkomplex auf.

Sicherheitskreisen zufolge soll ein aus Oberhausen kommender Kämpfer der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) von Syrien aus per Internet-Messenger mehrere Personen direkt kontaktiert und versucht haben, sie für einen Angriff auf das Einkaufszentrum zu motivieren. Die "Bild"-Zeitung berichtete, er habe den potenziellen Komplizen auch Anleitungen zum Bau von Bomben übermittelt. Ein Teil der mutmaßlichen Tätergruppe soll sich in Deutschland befunden haben, ein anderer Teil sollte aus dem Ausland anreisen. Unklar war auch, wie viele Terroristen sich an einem möglichen Anschlag hätten beteiligen sollen.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) sagte jedoch, die bisherigen Ermittlungen hätten keine Anzeichen dafür gebracht, "dass mit Umsetzung oder Vorbereitungen konkret begonnen wurde". Von den beiden Männern, die die Polizei am Samstag festgenommen hatte, wurde einer gestern noch vernommen. Die in ihren Wohnungen beschlagnahmten Gegenstände wurden weiter untersucht. Der andere Mann hatte bereits am späten Samstagabend wieder heimkehren könne n. Es handelt sich bei den Festgenommenen offenbar nicht um direkt Tatverdächtige, sondern um Kontaktpersonen des mutmaßlichen Drahtziehers. Er soll Mitglied der salafistischen Szene in Oberhausen und bereits länger im Visier der Behörden gewesen sein.

Die Geschäfte in dem Essener Einkaufszentrum können heute wieder öffnen. Es gebe keine Hinweise mehr auf Gefahren, sagte gestern ein Polizeisprecher.

Wegen des Terroralarms in Essen wurde am Samstag im benachbarten Oberhausen das Einkaufszentrum Centro von der Polizei besonders gesichert, blieb aber offen. Es war bereits im Dezember, kurz nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Berlin, besonders bewacht worden. Zwei im Kosovo geborene Brüder wurden damals festgenommen, später aber wieder freigelassen.

In den vergangenen Monaten waren in Deutschland mehrfach öffentliche Gebäude nach Terrorhinweisen gesperrt worden. So wurde im November 2015 das Fußball-Länderspiel Deutschland-Niederlande in Hannover kurz vor Anpfiff abgesagt. An Silvester 2015 wurde der Münchner Hauptbahnhof nach einer Terrorwarnung geräumt.

Zum Thema:

Essen war schon Anschlagsziel (dpa) In Essen war im April 2016 ein Terroranschlag verübt worden. Zwei muslimische Jugendliche hatten eine Bombe auf ein Gebetshaus der indischen Religionsgruppe der Sikhs geworfen, während dort eine Hochzeit gefeiert wurde. Drei Menschen wurden verletzt. Anfang Dezember begann der Prozess gegen die damals 16 Jahre alten Täter und einen Komplizen. Laut Anklageschrift betrachteten sie die Sikhs als Ungläubige.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort