Tag der Entscheidung für den Mann im Abseits

Adolf Sauerland demonstriert Zuversicht. "Als Oberbürgermeister hat man keine Angst vor dem Votum seiner Bevölkerung", sagt der 56-Jährige. Doch Sauerland muss um sein Amt bangen. Am Sonntag entscheidet Duisburg, ob der CDU-Politiker die politische Verantwortung für die Loveparade-Katastrophe übernehmen und seinen Sessel räumen muss

Adolf Sauerland demonstriert Zuversicht. "Als Oberbürgermeister hat man keine Angst vor dem Votum seiner Bevölkerung", sagt der 56-Jährige. Doch Sauerland muss um sein Amt bangen. Am Sonntag entscheidet Duisburg, ob der CDU-Politiker die politische Verantwortung für die Loveparade-Katastrophe übernehmen und seinen Sessel räumen muss. Hartnäckig hatte Sauerland jegliche Verantwortung für die Massenpanik mit 21 Toten im Sommer 2010 von sich gewiesen. Alles sei im Vorfeld der Techno-Veranstaltung korrekt verlaufen, versicherte er immer wieder. Viele Bürger und vor allem die Angehörigen der Opfer können das nicht verstehen. Es hagelte Rücktrittsforderungen. Ein erster Abwahlversuch im Rat scheiterte vor allem an der CDU, die sich hinter ihren OB stellte.Politisch und gesellschaftlich geriet das Stadtoberhaupt seitdem ins Abseits. Kaum einer wollte mit ihm öffentlich gesehen werden. Der stattliche Mann schrumpfte förmlich unter der Last. Erst rund ein Jahr nach der Katastrophe rang er sich zu einer Entschuldigung durch. "Als Oberbürgermeister dieser Stadt trage ich moralische Verantwortung", sagte er im Stadtrat. Bei der Trauerfeier am Jahrestag des Unglücks wollte ihn dennoch keiner dabeihaben.

Die Stimmung ist seitdem eher ruhig in der Industrie- und Hafenstadt. Von Protest-Euphorie à la "Stuttgart 21" ist wenig zu spüren: Die blauen Plakate der Sauerland-Gegner mit dem großen "Ja" zur Abwahl sind in der City kaum zu sehen. Der Wahlkampf ist unauffällig verlaufen. Sauerland hat in den vergangenen Wochen demonstrativ seinen Job gemacht - mit Außenterminen und Ratssitzungen mit prall gefüllter Tagesordnung. "Die Stimmung ist gut, die Situation hat sich ein bisschen beruhigt", sagt sein Referent Josip Sosic. Die Duisburger CDU feierte Sauerland bei ihrem jüngsten Parteitag mit minutenlangem Beifall.

Theo Steegmann vom Abwahlbündnis gibt sich dennoch verhalten optimistisch. "Wir haben weiter das Gefühl, wir können es schaffen. Aber die Hürde ist schon sehr hoch." In der Initiative haben sich neben Bürgern die städtische SPD, Linke, Grüne und Gewerkschaften zusammengetan. Sie hatte 2011 zehntausende Stimmen gesammelt und damit das Abwahlverfahren durchgesetzt. Die Gegner Sauerlands müssen am Sonntag die Mehrheit und mindestens 91 478 Stimmen erreichen. Die Öffnung der Briefwahllokale Mitte Januar hatte zunächst für viel Andrang gesorgt. Es gab sogar Schlangen vor den Lokalen. Später ging der Andrang deutlich zurück. "Manchmal ist tote Hose", sagt ein Rathausmitarbeiter. Über 30 000 Menschen haben inzwischen Briefwahlunterlagen angefordert und zum Teil abgegeben.

Von der strafrechtliche Aufarbeitung der Loveparade-Katastrophe ist Sauerland persönlich übrigens nicht betroffen. Er gehört nicht zu den 17 Beschuldigten, gegen die die Staatsanwaltschaft ermittelt. Ob es in diesem Jahr noch zu einer Anklage kommt, ist ungewiss. Gewiss ist für Steegmann nur eines: "Die Loveparade-Katastrophe wird immer auf der Stadt liegen."

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