Syrien-Gespräche kommen kaum voran

Genf · Bei den erneuten Verhandlungen in Genf herrscht wenig Optimismus.

Als erfahrener Diplomat weiß UN-Syrienvermittler Staffan de Mistura eigentlich, wie er mit verfahrenen Situationen umgeht. Ein Leben lang hat sich der 70-Jährige im Auftrag der Vereinten Nationen mit Krisen dieser Welt geplagt - doch am Syrien-Konflikt beißt auch er sich seit Jahren die Zähne aus. Die Konfliktparteien kamen gestern in Genf erneut zu Verhandlungen zusammen und die Erwartungen waren gering. So gering, dass ein Reporter von de Mistura sogar wissen wollte, warum die Gespräche überhaupt noch fortgesetzt würden.

Die Frage ist berechtigt. Zu fünf Verhandlungsrunden haben sich Regierung und Opposition in der Schweiz bisher getroffen - fünfmal verließen sie das Land praktisch ohne Fortschritte. De Mistura schaffte es nicht einmal, die Kontrahenten zu direkten Verhandlungen in einen Raum zu bringen. Stattdessen klagten sich beide Seiten gegenseitig an, für den Stillstand verantwortlich zu sein. Vor allem die Regierung in Damaskus macht dem UN-Vermittler das Leben schwer. Syriens Chefunterhändler, UN-Botschafter Baschar al-Dschafari, versucht seit dem ersten Treffen, die Verhandlungen zu verschleppen, sehr gerne mit Verfahrensfragen. Auch diesmal spricht vieles dafür, dass die Regierungsdelegation kein Interesse an ernsthaften Verhandlungen zeigt. Die Armee und verbündete Milizen konnten zuletzt am Boden wichtige Erfolge erzielen. Zudem gelang es Assad, mehrere Gebiete nach Abkommen mit Rebellen unter Kontrolle zu bringen. Erst an diesem Sonntag begann der Abzug von Kämpfern und Einwohnern aus dem strategisch wichtigen Ort Kabun bei Damaskus. Für den Machthaber ein wichtiger Erfolg.

Erschwert wird de Misturas Aufgabe durch mangelnde internationale Unterstützung. Die USA nehmen in Genf seit Monaten nur die Rolle eines Nebendarstellers ein und überlassen Russland als wichtigstem Verbündeten der syrischen Regierung mehr oder weniger das Feld in dem mehr als sechsjährigen Bürgerkrieg mit mindestens 400 000 Toten. Noch immer ist in der Syrien-Politik von US-Präsident Donald Trump kein klarer Plan zu erkennen. "Ich erwarte für die Gesprächsrunde nichts Neues", sagt deshalb auch der syrische Oppositionsvertreter Fuad Aliko desillusioniert. Längst sieht sich de Mistura dem Vorwurf ausgesetzt, die viel wichtigeren Verhandlungen liefen in der kasachischen Hauptstadt Astana, wo Russland und der Iran als Verbündete der Regierung sowie die Türkei als Unterstützer der Opposition die Kontrahenten mehrfach zusammengerufen haben. Zuletzt einigten sich Moskau, Ankara und Teheran dort darauf, die Waffenruhe zu erneuern und Schutzzonen zu errichten. Seitdem ist die Gewalt zurückgegangen, zumindest vorerst.

De Mistura selbst hält die Erwartungen gering. Maximal bis Samstag sollen die Gespräche diesmal dauern und sich um vier große Themenblöcke drehen: eine Übergangsregierung, den Weg zu einer neuen Verfassung, freie Wahlen sowie Sicherheit und Terrorismus. Um voranzukommen, will der UN-Vermittler die Verhandlungen möglichst nach außen abschotten. Er selbst wird auf Stellungnahmen für die Medien verzichten.

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