Stürmische Zeiten hinter der Klosterpforte

Seeon · Zum Auftakt der CSU-Klausur im oberbayerischen Seeon stürmt es nicht nur vor der Klosterpforte. Auch innerhalb der Union könnte die Großwetterlage kaum schlechter sein. Schuld ist ein altbekanntes Reizwort: Obergrenze.

Im Kloster Seeon tagt die CSU diesmal, weil im traditionellen Kreuth saniert wird. Foto: Hoppe/dpa

Im Kloster Seeon tagt die CSU diesmal, weil im traditionellen Kreuth saniert wird. Foto: Hoppe/dpa

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Manchmal stößt CSU-Chef Horst Seehofer an seine Grenzen - sogar in Bayern. Als er am Mittwochmittag zur Klausur der CSU- Bundestagsabgeordneten im oberbayerischen Kloster Seeon kommt, macht das Wetter den PR-Strategen der Partei einen Strich durch die Rechnung: Schnee, Sturm, Nebel und Frost verhindern jene idyllischen Fernsehbilder, die die oft vor Selbstbewusstsein strotzende CSU in 40 Jahren zum Jahresauftakt gern in die Republik sandte. Bisher aus Wildbad Kreuth, doch das wird zurzeit saniert. Angesichts des Dauerstreits mit der CDU um eine Verschärfung der Flüchtlings- und der Sicherheitspolitik passt das ungemütliche Seeon aber auch besser zur Stimmung in der Union: Eitel Sonnenschein sieht anders aus.

"Frohes neues Jahr, hier in Bayern", ruft Seehofer mit kratziger Stimmer den wartenden Journalisten zu - und geht ansonsten wortlos vorbei. Auch das ist selten. Seine politische Botschaft folgt im beheizten Presseraum: "Wir wollen dazu beitragen in allen Gremien, die jetzt tagen, dass die demokratische Gesellschaft wieder zusammenwächst." Mit "wir" meint er seine CSU und erklärt sofort, wie "wir" neue "Ordnung schaffen" wollen: mit klarer Politik, klaren Aussagen, klaren Alternativen und einer klaren Sprache. Deutschland sei "polarisiert und gespalten", sagt er. Ein gespaltenes Land nach bald zwölfjähriger Regierung von Kanzlerin Angela Merkel.

Persönlich nennt Seehofer einen Grund zur Freude. Er verweist auf eine aktuelle Umfrage der Fernsehsendung "17:30 Sat.1 Bayern", wonach die CSU in Bayern wieder einmal die absolute Mehrheit erreichen würde. Die zeitgleich veröffentlichte Umfrage von "Stern" und RTL verschweigt er. Demnach vertrauen die Anhänger der CSU ihrem eigenen Parteichef weniger als der CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel. Kurz vor einer CSU-Klausur, die auch die Einführung einer Obergrenze für Zuwanderer als bundespolitisches Ziel beschließen will, keine gute Nachricht. Für viele ist der Dauerzwist um die Obergrenze für Flüchtlinge inzwischen nervtötend. Ohne Obergrenze im Koalitionsvertrag im Falle eines Siegs bei der Bundestagswahl im September werde die CSU in die Opposition gehen, kündigte Seehofer kurz vor Weihnachten an. Nur eine leere Drohung oder sein letzter Trumpf gegen Merkel? Denn sie lehnt die Forderung ab.

Seehofer hat die Erfahrung gemacht, dass die CSU mit einem harten Kurs etwas bewegen kann - auch in Merkels CDU . Bei deren Parteitag im Dezember erlebte die Vorsitzende eine Stärkung des konservativen Flügels. Es wurden Positionen der CSU-Schwesterpartei übernommen, wie etwa die Forderung, die automatische dauerhafte doppelte Staatsbürgerschaft für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern wieder abzuschaffen. Zu Merkels Überraschung und Unmut. Nun mahnt Seehofer, für die gesamte CSU sei eine Deckelung der jährlichen Flüchtlingszahl auf 200 000 Menschen eben "keine Forderung, die nach der Wahl vergessen wird."

Die kompromisserfahrene Gastgeberin der Klausur, CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt , zeigt sich hier ebenfalls recht unnachgiebig: "Wir haben da noch Gesprächsbedarf, wie man es auch in einer Familie macht, um am Ende das Ziel zu erreichen, die Flüchtlingszahlen tatsächlich zu begrenzen." Wenn Hasselfeldt das sagt, klingt es aber weniger bedrohlich.

Dennoch ist von Spaltung der Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU im Bundestag die Rede. Selbst der lange vergessene "Geist von Kreuth", jener 1976 gescheiterte Trennungsversuch, taucht wieder aus der Versenkung auf. Gleichwohl wäre auch für Seehofer der Verlust für CSU und CDU zu groß. Nur gemeinsam könne die Union Deutschland auf Kurs halten, einen Linksrutsch durch Rot-Rot-Grün verhindern, in den unruhigen Zeiten von Terror und Krieg eine größtmögliche Sicherheit garantieren, findet der CSU-Boss.

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