Streitpunkt „jüdischer Staat“

Tel Aviv · Für Israel ist es ein Kernstück einer Friedensregelung: Ministerpräsident Benjamin Netanjahu fordert von den Palästinensern, Israel als jüdischen Staat anzuerkennen. Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas lehnt strikt ab.

Grenzen, Jerusalem, Flüchtlinge, Wasser - das waren lange die strittigsten Fragen in den Nahost-Friedensverhandlungen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu fordert auch, dass die Palästinenser Israel als jüdischen Staat anerkennen. Die Palästinenserführung lehnt das ab.

Auch Netanjahus Vorgänger Ehud Olmert und Ariel Scharon hatten eine solche Anerkennung gefordert. Für Netanjahu handelt es sich um ein Kernstück einer Friedensregelung. Aus seiner Sicht geht es bei dem Konflikt mit den Palästinensern weniger um Grenzen und Siedlungen als um eine "fortwährende Weigerung, den jüdischen Staat in irgendwelchen Grenzen anzuerkennen". "Wir erkennen an, dass es im Rahmen eines Friedens einen Nationalstaat für das palästinensische Volk geben wird", sagte er. "Sicherlich haben wir das Recht, von ihnen das Gleiche zu erwarten."

Besonders rechtsorientierte israelische Politiker befürchten, die Palästinenser strebten in Wahrheit eineinhalb Staaten für sich selbst an: einen Palästinenserstaat im Westjordanland, im Gazastreifen und in Ost-Jerusalem, in dem nach den Worten des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas "nicht ein einziger Israeli" leben dürfe, und einen halben Staat im heutigen Israel.

Die Palästinenser werfen Netanjahu dagegen vor, er wolle mit einer aus ihrer Sicht inakzeptablen Forderung eine Einigung auf eine Zwei-Staaten-Lösung nur noch weiter erschweren. Sie hätten Israels Recht auf ein Leben in Sicherheit und Frieden doch schon im Zuge der Friedensverträge von 1993 anerkannt.

Die Palästinenser argumentieren unter anderem, dass sie mit einer Anerkennung Israels als Nationalstaat der Juden automatisch auf das Rückkehrrecht palästinensischer Flüchtlinge verzichten würden. Während des ersten Nahostkriegs von 1948 waren etwa 700 000 Palästinenser geflohen oder vertrieben worden. Mit ihren Nachkommen beläuft sich die Zahl heute nach UN-Angaben auf etwa fünf Millionen.

Israel lehnt ein grundsätzliches Rückkehrrecht in das Kernland ab, weil dies die jüdische Mehrheit im Land gefährden könnte.

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