Streit um Euro-Austritt Griechenlands

Berlin · Selbst auf dem Höhepunkt der Krise trat Deutschland für den Verbleib Athens in der Eurozone ein. Inzwischen scheint ein Austritt für die Kanzlerin kein Tabu mehr zu sein. Das sorgt auch in der Koalition für Streit.

Drei Wochen vor der Neuwahl in Griechenland ist die Debatte über einen Austritt des Krisenlandes aus der Eurozone wieder voll entbrannt. Auslöser ist ein "Spiegel"-Bericht, nach dem die Bundesregierung ein Ausscheiden des hoch verschuldeten Landes aus der Währungsgemeinschaft inzwischen für verkraftbar hält. Sowohl Kanzlerin Angela Merkel als auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU ) wollten Griechenland nicht mehr um jeden Preis im Euro halten, hieß es. Grund für die neue Einschätzung seien Fortschritte wie der Europäische Stabilitäts-Mechanismus (ESM), über den Staaten im Notfall mit bis zu 500 Milliarden Euro gerettet werden können. Auch sei die Ansteckungsgefahr für andere, ehemals gefährdete Länder wie Irland oder Portugal nicht mehr so groß.

Der Bericht, der weder dementiert noch bestätigt wurde, löste heftige Reaktionen aus, gerade beim Koalitionspartner SPD . "Die innenpolitische Angst der CDU vor der AfD rechtfertigt nicht eine europapolitische Geisterfahrt", rügte Fraktionsvize Carsten Schneider . "Die CDU sollte sich nicht in eine demokratische Wahl in einem anderen europäischen Land mit Drohgebärden einmischen", sagte er der "Welt".

Die Linke warf der Regierung Erpressung und eine gezielte Destabilisierung Griechenlands vor. "Die Bundesregierung lanciert mit dieser gezielten Indiskretion eine Bombe, die in Griechenland die Krise eskaliert", sagte Parteichef Bernd Riexinger dem "Handelsblatt". Grünen-Chef Cem Özdemir kritisierte: "Wir sollten nicht öffentlich Ausstiegsszenarien durchplanen, bevor Griechenland überhaupt gewählt hat." Die eurokritische AfD dagegen begrüßte die "späte Einsicht".

Der Ökonom Peter Bofinger warnte gestern deutlich vor einem Euro-Austritt Athens. "Ein solcher Schritt wäre mit sehr hohen Risiken für die Stabilität des Euro-Raums verbunden", sagte er. Damit würde womöglich "ein Geist aus der Flasche gelassen, der nur schwer beherrschbar wäre". > e, A 4: Meinung

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