Streit um Armut Steuerzahlerbund: Hartz IV lohnt oft mehr als Arbeit

Berlin · 1935 Euro brutto braucht ein Alleinverdiener, um mit Partner und zwei Kindern auf Hartz-IV-Niveau zu leben. Diese Zahlen befeuern die Armuts-Debatte.

 Ein Alleinverdiener braucht 1935 Euro brutto, um mit Partner und zwei Kindern auf Hartz-IV-Niveau zu leben.

Ein Alleinverdiener braucht 1935 Euro brutto, um mit Partner und zwei Kindern auf Hartz-IV-Niveau zu leben.

Foto: dpa/Arno Burgi

(dpa) In den Streit um Armut und Hartz IV, der von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angefacht wurde, hat sich der Steuerzahlerbund (BdSt) mit einem Vergleich zwischen Arbeitnehmern und Hilfe-Empfängern eingeschaltet. Demnach haben Hartz-IV-Bezieher im Monat oft mehr Geld zur Verfügung als Arbeitnehmer. Wer eine vierköpfige Familie ernähren will, braucht demnach einen Bruttolohn von mindestens 1935 Euro, um netto einschließlich Kindergeld Hartz-IV-Niveau von 1928 Euro zu erreichen.

Der Steuerzahlerbund rechnete vor, dass von einem Monatsbrutto einer Familie mit zwei Kindern von 1935 Euro 394 Euro Sozialversicherungen abgingen. Das Monatsnetto belaufe sich dann auf 1541 Euro, mit 388 Euro Kindergeld belaufe sich das Einkommen der Familie auf 1929 Euro. Geht man von einer Arbeitszeit von 38 Stunden in der Woche und vier Wochen im Monat aus, benötigten Alleinverdiener mit Partner und zwei Kindern einen Stundenlohn von 12,73 Euro, um Hartz-IV-Niveau zu erreichen. Der Mindestlohn liegt derzeit bei 8,84 Euro in der Stunde.

Grundlage der Vergleichsrechnungen des Steuerzahlerbundes ist eine Übersicht des Bundessozialministeriums zur Höhe der Hartz-IV-Leistungen. Ein Haushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern hat demnach Anspruch auf durchschnittlich 1928 Euro im Monat als sogenannter Regelbedarf. Der Betrag enthält in erster Linie Geldleistungen von 1284 Euro für den Lebensunterhalt sowie 644 Euro für Miete und Heizung. Diese Beträge können je nach Lebenshaltungskosten in einer Region schwanken. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, die die Daten des Steuerzahlerbundes gestern veröffentlichte, rechnete zudem vor, dass Hartz-IV-Empfänger zudem Vorzüge wie Sonderzahlungen für Haushaltsgeräte, die Befreiung von der Rundfunkgebühr und Ermäßigungen im Nahverkehr genössen. Jens Spahn hatte für Unmut gesorgt, als er in der Debatte um die Essenstafeln sagte, mit Hartz IV habe jeder, was er zum Leben brauche. Im Zuge der Debatte um den Zulauf zu den Tafeln war von Sozialverbänden eine Erhöhung der Hartz-IV-Sätze gefordert worden. Die neue Bundesregierung setzt dagegen nun darauf, 150 000 Langzeitarbeitslose mit vier Milliarden Euro in ein sozialversicherungspflichtig bezuschusstes Arbeitsverhältnis bei Kommunen und gemeinnützigen Einrichtungen zu bringen.

Der Steuerzahlerbund musste gestern aber eine erste Vergleichsrechnung zwischen Lohn- und Hartz-IV-Empfängern korrigieren. Er hatte zunächst das Kindergeld nicht berücksichtigt,  das Einkommensbezieher, nicht aber Hartz-IV-Empfänger erhalten. Dadurch war der BdSt auf ein Bruttoverdienst von 2540 Euro gekommen, das nötig wäre, damit eine vierköpfige Familie Hartz-IV-Niveau erreicht. Die Fraktionsvize der Linken, Susanne Ferschl, kritisierte daher, der BdSt wolle „einen Keil in die Gesellschaft treiben“.

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