"Steinmeier liegt eindeutig falsch"

Herr Ströbele, laut Marks waren die deutschen Geheimdienstinformationen für die US-Armee im Irak extrem wichtig. Wie glaubwürdig ist das für Sie?Ströbele: Seine Angaben bestätigen Erkenntnisse, die wir bereits aus den Akten gewonnen haben

Herr Ströbele, laut Marks waren die deutschen Geheimdienstinformationen für die US-Armee im Irak extrem wichtig. Wie glaubwürdig ist das für Sie?Ströbele: Seine Angaben bestätigen Erkenntnisse, die wir bereits aus den Akten gewonnen haben. Zudem ist uns bekannt, dass die beiden BND-Leute in Bagdad im Auftrag ihrer deutschen Zentrale die Frage klären sollten, vor der die US-Streitkräfte stehen, ob sie nach Bagdad durchmarschieren können oder nicht. Daraufhin wurden von ihnen Information über die militärische Präsenz der Iraker geliefert, die an die Amerikaner gelangten. Das war sicher nicht unerheblich für deren Lagebeurteilung.Frank-Walter Steinmeier versichert bis heute, Deutschland habe keine kriegswichtigen Informationen geliefert.Ströbele: Das ist eindeutig falsch. Nach den Unterlagen wurden vom BND militärische Objekte sogar mit genauen Standort-Koordinaten gemeldet. Welche konkrete Bedeutung das für die Amerikaner hatte, kann natürlich auch nur von denen beantwortet werden. Hier mauert die Bundesregierung. Es gibt umfangreiche Unterlagen darüber, was die Amerikaner alles vom BND verlangt haben. Doch diese Angaben werden uns verwehrt. Insofern sind die Aussagen von Marks von großer Bedeutung.Wird es jetzt für Steinmeier eng?Ströbele: Das hängt von seinem Auftritt im Ausschuss ab. Steinmeier muss die Frage beantworten, was er von den konkreten Informationen wusste und wie er seine Verantwortung als Koordinator für die Geheimdienste wahrgenommen hat. Bislang ist er nicht auf die Fakten eingegangen. Fanden BND-Meldungen über militärische Objekte seine Zustimmung oder nicht? Und was tat er dagegen? All das ist unklar.Die SPD spricht von manipulierten Äußerungen des Ex-Generals und einer Irreführung der Bürger. Wie kommt es zu dieser völlig gegensätzlichen Wahrnehmung?Ströbele: Ich werfe der SPD vor, dass sie ohne Rücksicht auf die auch ihr bekannten Fakten die erhebliche Kriegsbedeutung der BND-Informationen leugnet. Immerhin haben die BND-Leute im Irak später einen US-Orden bekommen, weil sie, so die schriftliche Begründung, entscheidende Informationen zur Unterstützung von Kampfhandlungen gegeben haben.Andererseits wurden interne BND-Protokolle bekannt, die Steinmeier entlasten. Wie stehen Sie dazu?Ströbele: Ich finde es ärgerlich, dass im Interesse der SPD immer dann Unterlagen gezielt in die Öffentlichkeit lanciert werden, wenn ihre eigenen Leute in Not sind. Diese Akten waren nur für die interne Ausschussarbeit bestimmt. Für mich sind sie nichts Neues.Aber wie passen die Protokolle zu den Äußerungen von Marks?Ströbele: Da sehe ich keinen Widerspruch, denn auch aus diesen Unterlagen ergibt sich eine Weitergabe militärischer Informationen durch den BND. Wenn Marks sagt, dass auf dieser Grundlage sogar der Irak-Einmarsch vorgezogen wurde, dann muss ich das zur Kenntnis nehmen. Offensichtlich hat sich der BND nicht die Zurückhaltung auferlegt, von der offiziell immer die Rede ist.Sie selbst waren schon unter Rot-Grün im Bundestag. Fühlen Sie sich von Steinmeier, aber auch vom damaligen grünen Außenminister Joschka Fischer getäuscht?Ströbele: Ich fühle mich durch die bekannt gewordenen BND-Aktivitäten im Irak getäuscht. Geklärt werden muss, wer die Verantwortung dafür trägt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort