Steinbrück gut gelaunt im Saarland

Saarbrücken · Seine 13. Länderreise führte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück gestern ins Saarland, wo er mehrere soziale Einrichtungen besuchte. Dabei versprühte er viel Optimismus und gute Laune.

SPD-Landeschef Heiko Maas empfing gestern Peer Steinbrück gut gelaunt im saarländischen Landtag. Foto: B&B

SPD-Landeschef Heiko Maas empfing gestern Peer Steinbrück gut gelaunt im saarländischen Landtag. Foto: B&B

Foto: B&B
 Im Mehrgenerationenhaus am Steinhübel in Saarbrücken tauschte Peer Steinbrück sich mit Karl-Heinz Petri über Schach aus. Foto: B&B

Im Mehrgenerationenhaus am Steinhübel in Saarbrücken tauschte Peer Steinbrück sich mit Karl-Heinz Petri über Schach aus. Foto: B&B

Foto: B&B

Allen Umfragen, allen großen und kleinen Fettnäpfchen, allen selbst verschuldeten oder aufgebauschten Missverständnissen, Skandalen und Skandälchen zum Trotz: Peer Steinbrück glaubt noch daran. Er glaubt weiter daran, dass ihn die Menschen in Deutschland am 22. September zum neuen Bundeskanzler wählen. Er glaubt, dass die Wahrscheinlichkeit dafür bei exakt 74,338 Prozent liegt.

"74,338 Prozent, glauben Sie mir, ich hab's ausgerechnet, es sind genau 74,338 Prozent", sagt Steinbrück und lacht und bringt damit auch all jene zum Lachen, die ihn gerade umringen beim Abschied vom Saarbrücker Rotenbühl. Der Kanzlerkandidat der SPD, der Herausforderer von Angela Merkel, hat dort gestern das Mehrgenerationenprojekt "Wohnen für Hilfe" im Seniorenheim "Haus am Steinhübel" besucht. Alte und Junge wohnen hier Tür an Tür zusammen, die Studenten sparen sich etwas Miete und helfen dafür im Gegenzug ihren betagten Nachbarn, im Durchschnitt acht Stunden pro Monat. Steinbrück, der sich über eine Stunde durch das Haus führen lässt, zuhört, lacht und viele Fragen stellt, spricht von einem "erstaunlichen Modell", wie er es noch nirgends in der Republik gesehen hätte. "Machen die Studenten auch Ausflüge mit den Senioren?", fragt er später mit scheinbar echtem Interesse. Immer wieder geht es ihm an diesem Tag aber auch darum, einen guten Eindruck zu machen bei den Menschen. Peer Steinbrück präsentiert sich - zumindest, wenn die Presse dabei sein darf - als Gute-Laune-Onkel, als liebenswerter "Teddy-Peer". Es gelingt ihm fast immer, die Leute zum Schmunzeln zu bringen. "Hier dürfen sogar Pfälzer rein?", fragt er mit hochgezogenen Augenbrauen und berichtet dann, dass er eigentlich nur Saarländer-Witze kennt: "Die hat mir alle Kurt Beck erzählt." Das Saarland ist die 13. Station von Steinbrücks "Länderreise" genannter Vorwahlkampf-Tour. Der 66-Jährige hat sich diesmal den Schwerpunkt Soziales ausgesucht. In anderen Bundesländern hatte er sich mit Gesundheit oder Existenzgründungen beschäftigt, im Saarland geht es um Pflege, Demenz und Ehrenamt.

In Homburg ist der Start, fast pünktlich um 11.03 Uhr erreicht der Kandidat in einer schwarzen Limousine eine Einrichtung der Arbeiterwohlfahrt, wo er sich Fragen von Teilnehmern des Bundesfreiwilligendienstes und des Freiwilligen Sozialen Jahres stellen will. Doch zunächst macht er den rund 30 jungen Leuten Komplimente. Dass sie sich für andere einsetzen, sei nicht hoch genug zu bewerten. "Das ist der Kitt, der den Laden zusammenhält", sagt Steinbrück: "Ohne Sie wäre unsere Gesellschaft sehr viel kälter. Jeder denkt an sich, dann ist an alle gedacht - so isses nicht!" Als Steinbrück kurz darauf dann noch verrät, dass er in der Schule zwei Ehrenrunden drehen musste ("Mein Problem war nicht G8 oder G9, mein Problem war G10 und G11"), hat er viele Sympathien im Saal gewonnen. Und sogar eine Stimme für den 22. September. "Meine Stimme hast du, Peer", sagt Awo-Landeschef Marcel Dubois - Steinbrück lacht laut los: "Wenigstens eine!!!" Eine Stunde später sitzt der Kandidat im saarländischen Landtag. Vor der Landespressekonferenz spricht er über die Euro-Krise ("Die Unsicherheiten halten an, da dürfen wir uns nicht gegenseitig Sand in die Augen werfen"), über Deutschlands Leistungsbilanzüberschüsse ("Die Kritik aus dem Ausland ist berechtigt"), über die Steuerpolitik der SPD ("völlig richtig zentriert") oder zum Beispiel über das Betreuungsgeld von Schwarz-Gelb ("idiotisch") und prekäre Beschäftigung: "1,4 Millionen Aufstocker in Deutschland sind skandalös."

Dass im Lafontaine-Land auch nach der Linken gefragt wird, versteht sich von selbst. Steinbrück schließt ein mögliches Bündnis für 2013 erneut aus, das Thema sei "nicht relevant". Begründung: Die "Unzuverlässigkeit" der Linken sei für eine Bundesregierung "unverträglich".

Eine große Koalition nach der Bundestagswahl wird es mit ihm ebenfalls nicht geben. "Für mich gilt Sekt oder Selters und da wird nicht laviert!" Am Nachmittag stellt Peer Steinbrück, äußerlich entspannt und gut gelaunt, selber Fragen. Er ist zu Gast in der "Villa Barbara" des Demenz-Vereins in Saarlouis. "Gehört das Haus dem Verein?", will er wissen, oder: "Können Demenzkranke Filme verfolgen?" Es ist spürbar, dass ihn das Thema interessiert.

Trotz all der ernsten Themen gab es gestern auch viel zu lachen - auch zum Abschluss eines vollgepackten Tages bei der Gesprächsrunde "Klartext" in der Congresshalle. Mit dieser Veranstaltungsreihe hat Steinbrück schon manches Mal für Aufregung gesorgt, etwa als er die Wahlsieger in Italien als Clowns bezeichnete. Ähnlich unbedacht äußert er sich gestern nicht, doch es gibt auch wieder was zu lachen. "Warum Sie mich ganz persönlich wählen sollten?", fragt Steinbrück seine 400 Zuhörer und gibt die Antwort selbst: "Schon allein, weil ich lustiger bin als Merkel."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort