Stahl, Sturm, Heer

München · Die Zschäpe-Verteidigung hat nach ihrem ersten Auftritt vor Gericht Kritik einstecken müssen. Politisch sind die drei Anwälte keiner Sympathie mit Neonazis verdächtig. Doch für ihre Mandantin kämpfen sie mit allen Mitteln .

Beate Zschäpes Anwälte tun im NSU-Prozess genau das, was sich jeder Beschuldigte wünscht: Sie kämpfen mit allen juristischen Mitteln für ihre Mandantin. Zwar hat das Gericht zwei Befangenheitsanträge aus dem Weg geräumt, doch Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm haben weitere Anträge angekündigt. Damit dürften sie auch bei der heutigen Fortsetzung des Prozesses im Mittelpunkt stehen. Das ist vor allem für die Angehörigen enttäuschend. Sie wünschen sich, dass das Gericht schnell zur Sache kommt - zur Anklage gegen Zschäpe und vier weitere Beschuldigte, zur Aufarbeitung der Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU).

Heer, Stahl und Sturm sind alle drei um die 40, sie haben schon einige Erfahrung gesammelt - das Zschäpe-Mandat könnte sie in den Anwalts-Ranglisten jedoch ganz nach vorne katapultieren. "Dies ist aus Verteidiger-Sicht ein ähnlich bedeutendes Verfahren wie die RAF-Verfahren in den 70er Jahren", sagt Stahl. "Man hat in seinem Berufsleben nur einmal die Chance, an so etwas teilzunehmen."

Die Kombination der drei Namen sticht ins Auge. Die britische Zeitung "The Guardian" übersetzte sie ihren Lesern sogar ("Storm, Steel and Army"). Politisch sind die drei Anwälte jeder Nähe zur rechten Szene unverdächtig. Stahl ist Mitglied der FDP, Heer und Sturm sind in keiner Partei.

"Das ist kein politisches Verfahren. Es geht darum, dass die Vorwürfe strafrechtlich untersucht werden", betont Wolfgang Heer. Der Anwalt aus Köln, mit 39 der jüngste der drei, hatte das Mandat für Zschäpes Verteidigung zunächst allein übernommen. Mit Wolfgang Stahl, der aus Koblenz kommt, hat er schon oft zusammengearbeitet. Als Dritte kam Anja Sturm ins Team.

Drei aus der Staatskasse bezahlte Pflichtverteidiger sind außergewöhnlich - aber angesichts der gewaltigen Aktenmenge und der schweren Vorwürfe gegen Zschäpe wollte sich das Gericht wohl nicht dem Vorwurf aussetzen, den Grundsatz des fairen Verfahrens zu verletzen.

Temperamentsunterschiede zwischen den drei Anwälten wurden schon am ersten Prozesstag in der vergangenen Woche deutlich: Nachdem Stahl einen Befangenheitsantrag verlesen hatte, sprachen Nebenklage-Vertreter von Verzögerungstaktik - einer meinte, die Verteidiger würden "das Leid der Opfer verlängern". Heer und Stahl verbaten sich jede Kritik. "Ich weiß gar nicht, ob ich den Herrn noch als Kollegen bezeichnen kann", sagte Heer mit Blick auf einen Opferanwalt. Unter Juristen ist das hart an der Grenze zur Beleidigung.

Anja Sturm ist im Ton verbindlicher. Es liege ihr fern, das Leid der Opfer nicht anzuerkennen, sagte die Berliner Anwältin. In der Sache machte sie aber keine Kompromisse: Es gehe nicht an, dass die Verteidigung "emotional gezwungen" werden sollte, Rechte ihrer Mandantin nicht geltend zu machen.

"Als Verteidigerin reizt mich das Gefühl, einer der Übermacht des Staates ausgelieferten Person mit rechtlichen Mitteln beizustehen", sagt Sturm. "Auch Frau Zschäpe befindet sich in einer solchen Position." Forderungen, die Hauptangeklagte solle zur Aufklärung der NSU-Taten beitragen, hält die Anwältin für eine Form der Vorverurteilung: "Das suggeriert, sie könnte überhaupt etwas zu den einzelnen Tatvorwürfen sagen."

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