Städte sollen auf Elektro-Busse umrüsten

Brüssel · Weniger als zwei Grad – auf diese Obergrenze für die Erderwärmung hat sich die Weltgemeinschaft im November verständigt. Die EU hat bereits einen groben Klimafahrplan.

Die Ambitionen sind ehrgeizig. "Emissionsarme Mobilität" heißt das Schlagwort - gemeint sind Autos, Lastwagen und Busse ohne klimaschädliche Abgase. "Wir wollen die Luft- und die Lebensqualität in den Städten verbessern und Europas Wirtschaft modernisieren, was auch einen Wettbewerbsvorteil für die Industrie bedeutet", sagte die für den Verkehrsbereich zuständige EU-Kommissarin Violeta Bulc gestern, als die Kommission das umfangreiche Paket zum Klimaschutz vorstellte.

Noch glänzt das Papier vor allem mit Absichtserklärungen und Ankündigungen. Doch selbst die kommen bereits einer kleinen Revolution gleich. So sollen die Fuhrparks der öffentlichen Stellen in Bund, Ländern und Gemeinden in den nächsten Jahren "systematisch" auf emissionsarme Antriebe (in erster Linie Wasser und Strom) umgestellt werden. Die Städte werden angehalten, die wenig umweltfreundlichen Busse des öffentlichen Personennahverkehrs auszumustern und durch "Null-Emission-Fahrzeuge" zu ersetzen. Reisebusse und Lkw mit mehr als 3,5 Tonnen Gesamtgewicht will die Kommission demnächst an die Leine legen. "Diese Fahrzeuge unterliegen zwar ähnlichen Abgasnormen wie Pkw und leichte Nutzfahrzeuge", schreibt die Kommission. "Doch bestehen für sie weder Kraftstoffeffizienz-Normen noch gibt es ein System zur Kontrolle ihrer CO{-2}-Emissionen."

Bei Sprüchen soll es allerdings nicht bleiben. "Der Verkehrssektor der EU hängt noch immer zu 94 Prozent vom Erdöl ab", heißt es in der neuen Klimaschutz-Strategie der Kommission. Durch den Einsatz alternativer Energieträger wie moderner Biokraftstoffe, Strom, Wasserstoff und synthetischen Sprit aus erneuerbaren Quellen will man erreichen, dass bis 2030 zwischen 15 und 17 Prozent des Energiebedarfs im Verkehrssektor aus solchen Quellen gedeckt wird. Wie groß diese Herausforderung ist, macht eine Rechnung der Brüsseler EU-Behörde klar. Allein in Deutschland werden rund 150 000 neue Ladestationen für die zu erwartende Zahl von Elektro-Autos nötig, wobei - wie man zugibt - zunächst noch "die Stecker der Ladekabel EU-weit vereinheitlicht werden müssen".

Nicht weniger dramatisch sieht es bei Tankstellen für andere Antriebe aus. Bei einer Erhebung vor zwei Jahren fand die Brüsseler Verwaltung heraus, dass es in allen 28 Mitgliedstaaten gerade mal 38 Zapfsäulen für Flüssiggas-Lkw gab. Bis 2020 soll sich das ändern und alle 400 Kilometer eine entsprechend ausgerüstete Tankstelle verfügbar sein.

Beim Verband der deutschen Automobil-Industrie zeigte man sich durchaus angetan von dem Vorschlag. Präsident Matthias Wissmann lobte, dass die EU nicht mehr allein auf die Regulierung von Schadstoff-Grenzwerten für Neuwagen setze, sondern einen "breiteren Ansatz" verfolge. "Nur durch die Kombination vielfältiger Bausteine wie saubere und effiziente Fahrzeuge, die Dekarbonisierung durch regenerative und Bio-Kraftstoffe sowie Infrastrukturmaßnahmen" könnten die CO{-2}-Emissionen wirksam sinken. Außerdem sei es "falsch", generelle Abgas-Werte für Lkw einzuführen. Man könne einen "Baustellenkipper und Lieferfahrzeuge bis hin zu Fernverkehrs-Bussen" nicht miteinander vergleichen.

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Hintergrund Gestern hat die EU-Kommission neue Klimaziele für die Mitgliedstaaten vorgelegt. Demnach muss Deutschland im Zeitraum bis zum Jahr 2030 seine Kohlendioxid-Emissionen um 38 Prozent (alle Zahlenangaben beziehen sich auf das Basisjahr 2005) zurückfahren. Zum Vergleich: Luxemburg wird 40 Prozent einsparen, Finnland 39 Prozent, Frankreich 37 Prozent. Auch die osteuropäischen Mitgliedstaaten bekamen zum ersten Mal verbindliche Vorgaben. dr

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