Stadtmitte am Fluss

Paris. Es könnte so romantisch sein: An den Ufern der Seine entlang zu flanieren, die die Stadt der Liebe durchzieht, vorbei an den Freiluft-Buchhändlern, die hier ihre Ware anbieten, fröhliches Vogelgezwitscher im Ohr. Doch der Singsang wird übertönt von unaufhörlichem Motorenlärm, Gehupe, Bremsgeräuschen

Paris. Es könnte so romantisch sein: An den Ufern der Seine entlang zu flanieren, die die Stadt der Liebe durchzieht, vorbei an den Freiluft-Buchhändlern, die hier ihre Ware anbieten, fröhliches Vogelgezwitscher im Ohr. Doch der Singsang wird übertönt von unaufhörlichem Motorenlärm, Gehupe, Bremsgeräuschen. Zwar hat die Unesco die Fluss-Quais von Paris in ihre Weltkulturerbe-Liste aufgenommen - sie sind aber ungefähr so romantisch wie ein Autobahn-Parkplatz. Auch die Luft-Reinheit dürfte vergleichbar sein.In einer so verklärten Stadt wie Paris driften Bild und Wirklichkeit schnell auseinander; das gilt besonders für die Ufer des Hauptstadt-Flusses. Auf beiden Seiten führen jeweils vierspurige Schnellstraßen entlang, die zu den Hauptverkehrsadern der Stadt zählen. An die Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 Stundenkilometern hält sich kaum jemand. Und zu den Stoßzeiten wird die Stimmung ganz besonders unromantisch.

Das soll sich radikal ändern. Schon lange ist das hohe Verkehrsaufkommen Bürgermeister Bertrand Delanoë ein Dorn im Auge. Er begegnet ihm mit einem massiven Ausbau von Fahrradwegen, der Einführung eines flächendeckenden Leihrad- und nun auch Leihauto-Systems. Ohnehin besitzt nur rund ein Drittel aller Pariser Stadtbewohner einen eigenen Wagen. Nun hat der sozialistische Rathauschef mit ökologischen Ambitionen einen weiteren wichtigen Etappensieg im Kampf gegen die Privatautos erzielt: Nachdem bereits der Stadtrat von Paris seinem Herzens-Projekt zugestimmt hat, das aus den Seine-Quais eine enorme Baustelle machen und sie völlig umgestalten wird, hat auch Premierminister Jean-Marc Ayrault, Delanoës Parteifreund, die Blockade seines konservativen Vorgängers François Fillon aufgehoben. "Ab Frühjahr 2013 werden auf mehr als vier Hektar neue Gelegenheiten für Spaziergänge und Vergnügungen angeboten", erklärt der Bürgermeister.

Auf der linken Seite, zwischen Eiffelturm und Musée d`Orsay, wird eine 2,3 Kilometer lange Strecke dauerhaft für den Verkehr gesperrt, so wie es momentan schon an Sonn- und Feiertagen praktiziert wird: Dann gehören die Straßen den Spaziergängern, Rad- und Rollschuhfahrern. Entlang des rechten Ufers soll mittels weiterer Ampeln, Fußgänger-Überwege und schmalerer Fahrbahnen das Fahren so unangenehm wie möglich gemacht werden. Delanoë verspricht neue Bepflanzungen und Parks, ein Bio-Restaurant an einer Schiffsbrücke, mehrere neue Zugänge zu den Tuilerien, dem Garten vor dem Louvre. Ab September erhalte die rechte Ufer-Seite "ein ganz neues Gesicht", verspricht Delanoë. Unumstritten sind die Umbauarbeiten allerdings nicht. Während sie vor allem für Touristen und alle nicht motorisierten Besucher und Bewohner eine gute Nachricht bedeuten, fürchten Autofahrer und die im Stadtrat oppositionelle konservative Partei UMP eine Verschärfung der ohnehin vorhandenen Verkehrs- und Stauprobleme in der Stadt. "Wir werden nicht mehr im Herzen von Paris fahren können", prophezeit deren Chef, Jean-François Lamour, während das Rathaus den zeitlichen Mehraufwand auf fünf bis sieben Minuten schätzt. "Die Durchschnittsgeschwindigkeit wird um einige Stundenkilometer sinken und sich dem Pariser Durchschnitt annähern" - laut einer Studie aus dem Jahr 2007 sind das lahme 15,9 Stundenkilometer. Lamour beklagt auch die Kosten der Umbauarbeiten, die sich ihm zufolge auf mindestens 40 Millionen Euro belaufen dürften - "und das bei der momentan angespannten finanziellen Situation der Stadt". Sie sind es Delanoë wert, der Paris endlich zu der romantischen Stadt machen will, für die sie alle Welt hält.

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