Spot an: Wie sich die Parteien im TV verkaufen

Berlin · Alle vier Jahre wieder erlebt die Fernsehnation neben dem Kandidaten-Duell ein weiteres Schauspiel, meist nach den Abendnachrichten. Dann flimmern die Wahlwerbesendungen über die Mattscheibe. Eine erste Bewertung:

Bei der CDU sitzt Angela Merkel wie die Märchenmutti im roten Jäckchen auf dem schwarzen Sofa. Also doch die große Koalition? "Es gibt Momente, da steht viel auf dem Spiel", säuselt die Kanzlerin. Die Kamera fährt immer wieder ran an Merkels Gesicht. Olala, gewagt, man kann ihre Schminke sehen. Einige Einstellungen erinnern an ein früheres CDU-Motto: Politik ohne Bart. Der Spot ist klug, weil er auf das einzige setzt, was die Union zu bieten hat: Merkel. Am Ende fühlt man sich ins Bett gebracht - die Kanzlerin knipst das Licht aus.

Die SPD hat ihr Rednerpult auf eine 2800 Kilometer lange Reise geschickt. Ein Mann auf dem Sportplatz, einer im Garten oder eine tätowierte Mutter, alle dürfen betroffen und wütend sein. "Wir brauchen 'nen Mindestlohn, absolut!", hört man. Außerdem sorgen sich Camper um ihre Rente. Das alles wirkt bemüht. Peer Steinbrück tritt in den letzten zwölf Sekunden auf. Er wolle Bundeskanzler werden, "weil in Deutschland etwas aus dem Lot geraten ist", sagt er. Was war denn noch mal aus dem Lot geraten? Mist, schon vergessen.

Von wegen nur Veggie - mitten in ihrem Spot lassen die Grünen erst einmal ein Schwein auf die Wiese pinkeln. "Also mir schmeckt Massentierhaltung nicht", sagt ein weich gespülter Spitzenkandidat Jürgen Trittin. Dabei guckt seine Co-Moderatorin, Katrin Göring-Eckardt, ihn an wie die Volksmusikerin Marianne ihren Volksmusiker Michael. "Wir brauchen endlich eine Politik, die in das Leben der Menschen passt", flötet sie zurück. Die Grünen-Spitzen empören sich, sie kennen ihre Klientel. Locker-flockig ist die Musik, die zu jedem Roadmovie in MeckPom passen würde. Das macht gute Laune.

Was für ein Pech. Da kauft die FDP bei einer Agentur ein paar Bilder von einer Familie ein (aus Slowenien!), bastelt die in ihren Spot und merkt nicht, dass die NPD dieselben Bilder verwendet. Hoffentlich ist die Butter, die Rainer Brüderle in einer Bäckerei auf die Stulle schmiert, nicht Margarine. Dann wäre ja der Satz: "Menschen, die hart arbeiten, denen darf man nicht die Butter vom Brot nehmen", irgendwie Kappes. "Deutschland geht es gut", näselt Brüderle mit Wellness-Musik im Hintergrund. "Ich möchte, dass es auch Ihnen gut geht." Der Arzt Ihres Vertrauens. Keine neuen Steuern, Mittelstand sichern, keine neuen Steuern. Typisch FDP, nichts Neues.

Rums. Gegen Ende ihres Spots katapultieren die Linken den Satz "Damit ihre Probleme ernst genommen werden" auf die Mattscheibe. Untermalt offenbar vom Geräusch eines sich schließenden Reißverschlusses. Ernst nehmen kann man die in Szene gesetzte Schauspieltruppe mit ihren Klageliedern aber nicht. "In unserem Callcenter ist es verboten, sich gewerkschaftlich zu organisieren", bedauert sich eine junge Blondine. "Bitte noch mal", würde jeder vernünftige Regisseur nach dem Auftritt rufen. Gut gemacht ist, wie den Akteuren im Film das Wort verboten wird. Ansonsten ist der Spot wie die Linke oft selbst - gerne missmutig.

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