Spitzenkandidat der AfD Saar in Erklärungsnot

Saarbrücken · In seinem Saarbrücker Antiquitätenhandel vertreibt der AfD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl, Rudolf Müller, auch Nazi-Orden und KZ-Geld. Für ihn ist das nicht anrüchig. Im Gegenteil: Die Objekte trügen zur Aufklärung bei.

"Schweinejournalismus" sei das, sagt Rudolf Müller zu den neuesten Schlagzeilen über ihn, "das können Sie ruhig so schreiben." Der Spitzenkandidat der AfD Saar für die Landtagswahl im März ist der Meinung, dass er sich nichts vorzuwerfen hat. Der "Stern" und das ARD-Magazin "Panorama" berichteten gestern, dass der 65-Jährige in seinem Antiquitätenhandel am St. Johanner Markt in Saarbrücken Orden aus der NS-Zeit mit Hakenkreuzen und sogenanntes "Lagergeld" aus dem Jahr 1943 verkauft, eine Art Pseudo-Währung, die Gefangene des KZ Theresienstadt nutzten. "Stern" und "Panorama" hatten für ihre Recherchen Testkäufer in Müllers Geschäft geschickt.

Müller ist der Meinung, die Medien wollten ihm etwas anhängen. In der Sache widerspricht er nicht: Immer mal wieder verkaufe er solche Objekte, sagte er. Die NS-Orden und das KZ-Geld aus Theresienstadt machten aber nur einen "Mini-Teil" seines Angebots aus. Die Orden und Ehrenzeichen bekomme er aus Nachlässen, viele Antiquitätenläden verkauften diese Objekte. "Ich sehe darin grundsätzlich kein moralisches und erst recht kein strafrechtliches Problem", sagte der AfD-Spitzenkandidat der Saarbrücker Zeitung.

Wer Kennzeichen einer ehemaligen NS-Organisation verbreitet, kann mit bis zu drei Jahren Haft oder Geldstrafe bestraft werden. Müller sagt hingegen, wenn man - wie er - die Hakenkreuze abklebe, sei der Handel unproblematisch, dann seien die NS-Orden "eine Handelsware wie andere auch". Die Nachfrage komme vor allem von Amerikanern ("Do you have Hakenkreuze?") und Franzosen. Der Handel mit dem "KZ-Geld" ist demgegenüber nicht strafbar.

Auch ethisch sieht Müller keinerlei Probleme. "Wenn darüber eine gewisse Aufklärung stattfindet, warum nicht? Das hält ja die Erinnerung irgendwie auch wach." Sonst dürfe man auch nicht mehr ins Saarbrücker Staatstheater gehen, das ein Geschenk Adolf Hitlers war.

Die AfD-Bundesspitze nimmt die ganze Sache offenbar ernst. "Das müssen wir prüfen", heißt es in der Bundespartei, nachdem führende AfD-Politiker von den Meldungen überrascht wurden. Die Saar-SPD hat ihr Urteil bereits gefällt: Müller bestätige "unsere schlimmsten Befürchtungen", sagte Generalsekretärin Petra Berg . "Wer Hakenkreuze und Geldscheine aus einem KZ vertreibt, hat rein gar nichts in unserer demokratischen Gesellschaft verloren." Müller zeige sein "tief menschenverachtendes und rechtsextremes Gesicht".

Müller, ausgebildeter Gymnasiallehrer für Sozialkunde und Französisch und seit 1984 im Antiquitätengeschäft tätig, das auf seine Frau angemeldet ist, bildet mit AfD-Landeschef Josef Dörr und dessen Stellvertreter Lutz Hecker das Führungstrio der Saar-AfD. Seit Monaten kämpfen sie vor dem Parteigericht gegen den Beschluss der Bundespartei, den Landesverband Saar aufzulösen. Grund für den Auflösungsbeschluss, der im Eilverfahren wieder gestoppt wurde, war der Vorwurf, Dörr und Hecker hätten Kontakt zu Figuren der rechten Szene gehabt. Das Schiedsgericht hat noch nicht entschieden. Zweieinhalb Monate nach der letzten mündlichen Verhandlung gibt es noch nicht einmal ein Protokoll.

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