Spaß am Job - trotz Schattenseiten

Berlin. Ex-Kanzler Gerhard Schröder nannte die Lehrer einst "faule Säcke". Und auch sonst hat sich das Bild vom frustrierten und demotivierten Pädagogen in der Öffentlichkeit verfestigt

 Moderner Geometrie-Unterricht: Jeder zweite Lehrer findet seinen Beruf attraktiv - wäre da nur nicht die immer schlechter werdende Disziplin der Schüler. Foto: Burgi/dpa

Moderner Geometrie-Unterricht: Jeder zweite Lehrer findet seinen Beruf attraktiv - wäre da nur nicht die immer schlechter werdende Disziplin der Schüler. Foto: Burgi/dpa

Berlin. Ex-Kanzler Gerhard Schröder nannte die Lehrer einst "faule Säcke". Und auch sonst hat sich das Bild vom frustrierten und demotivierten Pädagogen in der Öffentlichkeit verfestigt. Doch wie beurteilt die gescholtene Berufsgruppe selbst ihre Situation? Mit welchen Herausforderungen sieht sie sich konfrontiert? Was hat sich beim Job zum Guten oder Schlechten gewendet? Diesen Fragen ist das Allensbach-Institut für Demoskopie im Auftrag der Vodafone-Stiftung nachgegangen - und fand zum Teil überraschende Antworten.Eine klare Mehrheit der Lehrkräfte, 71 Prozent, hat Freude am Beruf. Gut jeder zweite findet ihn sogar attraktiv. Dass die andere knappe Hälfte weniger begeistert ist, sollte man nicht überbewerten, erklärte Allensbach-Chefin Renate Köcher gestern bei der Vorstellung der Studie in Berlin. So habe ihr Institut etwa bei der Selbsteinschätzung von Ärzten ganz ähnliche Werte ermittelt.

Die positive Grundstimmung unter Deutschlands Pädagogen wird allerdings von weniger erbaulichen Befunden über berufliche Begleitumstände überschattet. So sieht sich jeder dritte Lehrer hohen psychischen Belastungen ausgesetzt. Etwa genauso viele (31 Prozent) meinen, immer mehr Aufgaben des Elternhauses übernehmen zu müssen. 28 Prozent sagen, dass der Umgang mit den Eltern zunehmend komplizierter werde. Noch schlechter kommen die Schüler weg. In deren nachlassender Disziplin und Motivation sehen die Pädagogen den Hauptgrund dafür, dass das Unterrichten in den letzten Jahren schwieriger geworden ist.

Immerhin 56 Prozent der Lehrerschaft bejaht die Aussage, wonach es Klassen gibt, die man kaum noch in den Griff bekommt. Die Eltern wiederum, deren Meinung ebenfalls repräsentativ in die Studie eingeflossen ist, bemängeln an den Lehrern mehrheitlich einen zu laschen Umgang mit "Problemschülern".

Während die Klage der Lehrer über undisziplinierte Schüler weitgehend unabhängig von der Schulform ist, so ist der Unterrichtsausfall aus Sicht der Pädagogen vorrangig ein Problem der Gymnasien. Lehrermangel herrscht dort besonders in den naturwissenschaftlichen Fächern. Eine Erklärung liegt nach Ansicht Köchers in der wachsenden Feminisierung des Lehrerberufs. Vor 20 Jahren waren noch 49 Prozent aller Pädagogen weiblich. Heute sind bereits 60 Prozent der Lehrkräfte Frauen. Allein in den Gymnasien stieg ihr Anteil deutlich von 29 auf 43 Prozent. Frauen bevorzugten aber eher Lehrfächer wie Deutsch oder Geschichte statt Mathematik oder Physik, so Köcher.

Nach Einschätzung des Vorsitzenden des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, sind der Unterrichtsausfall sowie der fachspezifische Lehrermangel die größten bildungspolitischen Herausforderungen im Land. Etwa acht Prozent des Unterrichts falle pro Jahr komplett aus, oder werde nicht lehrplangemäß von einer Vertretung erteilt. Für die gesamte Schulzeit summiere sich der Unterrichtsausfall so auf rund ein Jahr, mahnte Meidinger.

 Moderner Geometrie-Unterricht: Jeder zweite Lehrer findet seinen Beruf attraktiv - wäre da nur nicht die immer schlechter werdende Disziplin der Schüler. Foto: Burgi/dpa

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Alarmieren sollte die Kultusminister auch, dass sich jeder zweite Lehrer durch sein Universitätsstudium nur unzureichend auf die berufliche Praxis an Deutschlands Schulen vorbereitet fühlt. Insgesamt 65 Prozent kritisieren Ausbildungsdefizite im Umgang mit Schülern beziehungsweise Eltern. Bildungsexperten verweisen hier allerdings auch auf hoffungsvolle Ansätze. So gibt es zum Beispiel in Bayern ein Projekt, bei dem schon Lehramtsstudenten mit förderbedürftigen Schülern zusammengebracht werden. Die Erfahrungen seien positiv, so Meidinger.

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