Spanien zwischen Aufatmen und Skepsis

Madrid · Spanien atmet auf. Das EU-Schuldenland bekommt wieder eine handlungsfähige Regierung. Aber einen Grund zum Feiern gibt es eigentlich nicht. Das Königreich hat nach wie vor mit zahlreichen Problemen zu kämpfen.

 Erleichtert nahm Mariano Rajoy nach seiner Wahl Glückwünsche entgegen. Foto: Moya/dpa

Erleichtert nahm Mariano Rajoy nach seiner Wahl Glückwünsche entgegen. Foto: Moya/dpa

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Ernstes Gesicht, mahnende Worte. Spaniens nach langem Tauziehen bestätigter Ministerpräsident Mariano Rajoy , der künftig mit einem Minderheitskabinett regieren muss, machte nach seiner Wahl im Parlament keinen zufriedenen Eindruck. Vermutlich weil er ahnte, dass ihm eine schwierige Zeit bevorsteht. Und dass seine Regierung schnell scheitern könnte, wenn die oppositionelle Mehrheit im Parlament nicht den kommenden Haushalt stützt.

Das spanische Parlament hatte Rajoy am Samstagabend mit einfacher Mehrheit das Vertrauen ausgesprochen. Damit endete nach 315 Tagen eine politische Hängepartie, in welcher der Konservative nur noch geschäftsführend im Amt war und in Spanien keine Gesetze mehr beschlossen werden konnten. Der 61-Jährige, der seit 2011 am Ruder ist, hatte im Dezember 2015 in der nationalen Wahl seine absolute Mehrheit verloren und es anschließend nicht geschafft, eine tragfähige Regierung aufzustellen.

In der entscheidenden Parlamentsabstimmung am Wochenende bekam Rajoy nun endlich eine Mehrheit zusammen: 170 Abgeordnete stimmten für ihn, 111 gegen ihn, 68 enthielten sich. Ja zu Rajoy sagten die 137 Parlamentarier der konservativen Volkspartei, die 32 Vertreter der liberalen Partei Ciudadanos (Bürger) und die Repräsentantin der Kanarischen Koalition. Gegen Rajoy votierten die linksalternative Protestpartei Podemos (Wir können), die rebellischen Regionalparteien aus Katalonien und dem Baskenland sowie 15 sozialistische Abgeordnete.

Die für Rajoys politisches Überleben entscheidenden Enthaltungen kamen durchweg aus den Reihen der oppositionellen Sozialisten, deren Parteispitze nach zehn Monaten Weigerung überraschend beschlossen hatte, den Weg für Rajoy frei zu machen. Dieser Kurswechsel bescherte der Sozialistischen Arbeiterpartei, Spaniens größte Oppositionsgruppe, eine tiefe Krise und einen Bruch in einen linken und einen rechten Flügel.

Nachdem Rajoy die Vertrauensabstimmung überstanden hatte, machte sich zwar im Königreich Erleichterung breit. Es kamen aber zugleich neue Sorgen auf, dass der Minderheitsregierung ein kurzes Leben beschert sein könne. Sogar Rajoy selbst warnte vor zu viel Euphorie und ermahnte die zahlenmäßig überlegene Opposition, ihm keine Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Er deutete an, dass er bei einer Blockade seiner politischen Initiativen das Handtuch werfen und so schon im kommenden Jahr Neuwahl erzwingen könne.

Erster Prüfstein für die Stabilität der Regierung werden die kommenden Haushaltsverhandlungen im Parlament sein. Die EU-Kommission fordert von Spanien in 2017 neue milliardenschwere Einsparungen, um das viel zu hohe Etatdefizit unter Kontrolle zu bekommen. Kürzungen, die von der gesamten Opposition, die eine Lockerung des Sparkurses fordert, abgelehnt werden. Bereits im Sommer war das Königreich von Brüssel abgemahnt worden, weil es 2015 die Sparziele nicht eingehalten hatte. Auch 2016 wird Spanien die Sparlatte vermutlich wieder reißen.

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