Sozialverbände: Hartz IV auch für Zuwanderer

Berlin · Einwanderer aus EU-Staaten, die keinen Job finden, sollen künftig Hartz IV bekommen. Das fordern deutsche Sozialverbände. Auslöser der Debatte ist ein Richterspruch, der die Kommunen enorm belasten könnte.

Führende Wohlfahrtsverbände fordern einen Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen für alle Zuwanderer aus EU-Staaten. Es sei ein Gebot von Mitmenschlichkeit und Vernunft, jedem Europäer "endlich gleichberechtigten Zugang zu Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende zu gewähren", sagte gestern der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Ulrich Schneider. Maria Loheide von der Diakonie Deutschland erklärte, wer EU-Bürgern eine Grundsicherung wie Hartz IV vorenthalte, begehe Rechtsbeugung.

Tags zuvor hatte das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen geurteilt, dass arbeitslose EU-Bürger, die schon lange in Deutschland leben, Anspruch auf Hartz IV haben (wir berichteten). Das Jobcenter Gelsenkirchen muss nun einer vierköpfigen rumänischen Familie Hartz IV zahlen. Derzeit sind Europäer, die zur Arbeitssuche einwandern, von staatlicher Unterstützung ausgeschlossen. Bundesweit trifft dies nach Angaben des Gerichts rund 130 000 EU-Bürger. Nach Schneiders Ansicht ist der Leistungsausschluss mit EU-Recht unvereinbar. Er riet allen Betroffenen, Hartz IV zu beantragen.

Auf die Städte und Gemeinden könnten nach dem Urteil zahlreiche neue Leistungsanträge zukommen. Der Deutsche Städtetag reagierte jedoch noch zurückhaltend. Das Urteil sei eine Einzelfall-Entscheidung, erklärte Verbandschef Stephan Articus. Er verwies darauf, dass Revision gegen den Richterspruch zugelassen sei. Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD) verlangte derweil Unterstützung vom Bund. Die Folgen der europäischen Freizügigkeit dürften nicht bei den Kommunen abgeladen werden, sagte er.

Der Bundesrat beschloss derweil die Anhebung der Hartz-IV-Hilfen zum Januar 2014. Der Regelsatz für alleinstehende Langzeitarbeitslose steigt um neun auf 391 Euro. Hartz-IV-Empfänger, die in einer Partnerschaft leben, erhalten 353 statt 345 Euro.

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