Sorglosigkeit und VerschwendungBund kann jährlich noch 25 Milliarden Euro sparen

Teure Sorglosigkeit: Mit dem "Zukunftsinvestitionsprogramm 2001 - 2003" hatte der Bund den Unternehmen der Deutschen Bahn 3,1 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt, um die Qualität des Schienennetzes zu verbessern. Doch das Bundesverkehrsministerium in Berlin weiß bis heute nicht, wie viele Mittel für diese Zwecke wirklich verwendet wurden

Teure Sorglosigkeit: Mit dem "Zukunftsinvestitionsprogramm 2001 - 2003" hatte der Bund den Unternehmen der Deutschen Bahn 3,1 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt, um die Qualität des Schienennetzes zu verbessern. Doch das Bundesverkehrsministerium in Berlin weiß bis heute nicht, wie viele Mittel für diese Zwecke wirklich verwendet wurden. Nach Erkenntnissen der Rechnungsprüfer wurde knapp ein Drittel des Geldes bestimmungswidrig genutzt. So dienten 920 Millionen Euro zur zinslosen Zwischenfinanzierung anderer Vorhaben. Dem Bund entstand dadurch ein Zinsschaden von "mindestens 200 Millionen Euro".Extreme Verschwendung: In der nordwestafrikanischen Republik Mauretanien - nicht eben ein Schwerpunkt deutscher Außenpolitik - baute das Auswärtige Amt fünf repräsentative Dienstwohnungen für sein Personal, die den zulässigen Raumbedarf um 60 Prozent überschritten. Die Fertigbauelemente kamen aus Deutschland. Zusammengebaut wurden sie von 35 deutschen Handwerkern, die man eigens dafür aus der Heimat einflog. Statt der geplanten eine Million Euro kostete das Projekt am Ende 3,5 Millionen Euro - das macht pro Dienstwohnung 700 000 Euro.Groteske Fehlplanung: Für ihre Kampfschwimmer beschaffte die Bundeswehr in den Jahren 2004 und 2005 vier neue Schlauchbote. Die Beschaffungsplanung fußte aber noch auf dem Vorgängermodell. So kommt es, dass die Wasserfahrzeuge nur beschränkt transportfähig sind - weder Hubschrauber noch die Transall kommen mit ihnen zurecht. Zugleich drohen die Transportanhänger auf unbefestigten Wegen einzusinken. Zudem ist das Aussetzen auf See nur ohne Besatzung möglich. Folge: Statt der geplanten 1,5 Millionen Euro gab die Bundeswehr für Beschaffung und Nachrüstung bis Ende 2009 mehr als das Doppelte aus. In diesem Jahr ist eine weitere Million Euro für Nachbesserungen eingeplant.Schlechter Steuervollzug: Als "Liebhaberei" werden im Steuerrecht Tätigkeiten ohne Absicht zur Gewinnerzielung bezeichnet. Verluste daraus dürfen nicht mit den positiven Einkünften der Steuerzahler verrechnet werden. Nach Recherchen des Bundesrechnungshofs erkennen die Finanzämter jedoch solche Verluste zumindest vorläufig als steuermindernd an. So geschehen etwa bei Pferdezüchtern, Tennislehrern oder Amateursportlern, die ihre Tätigkeit als Hobby betreiben. "Wir gehen von mindestes 150 000 Fällen aus, bei denen die Gewinnerzielungsabsicht ungewiss oder zweifelhaft ist", erklärte Rechnungshof-Präsident Dieter Engels. Die Steuermindereinahmen bezifferte er auf mehrere hundert Millionen Euro im Jahr.Berlin. Der Bundesrechnungshof hat die schwarz-gelbe Koalition zu weiteren Sparmaßnahmen aufgefordert. "Nach wie vor sitzt der Bund auf einem Schuldenberg von mehr als einer Billion Euro", sagte Präsident Dieter Engels. Der Bund könne jährlich noch rund 25 Milliarden Euro sparen. Subventionen müssten auf den Prüfstand kommen. Für die von FDP und Teilen der Union geforderten Steuersenkungen sieht Engels derzeit keinen Spielraum. Nach dem schwersten Konjunktureinbruch der Nachkriegsgeschichte habe sich die wirtschaftliche Lage in Deutschland wieder verbessert. "Die Einnahmen sprudeln und die Ausgaben im Sozialbereich können sinken", sagte Engels. Doch dies habe noch keinen Schuldenabbau zur Folge. Die Sparmaßnahmen der Regierung führten nur dazu, dass der Schuldenberg nicht weiter wachse.Es sei noch ein steiniger Weg, bis im Jahr 2016 die Vorgaben der Schuldenregel erreicht seien, sagte Engels. Im Bundeshaushalt 2011 greift zum ersten Mal die Schuldenbremse. Sie verpflichtet den Gesetzgeber, die Nettoneuverschuldung von derzeit 50 Milliarden Euro bis 2016 auf zehn Milliarden Euro zu senken und dann weitgehend ausgeglichene Haushalte zu beschließen. Engels sagte, die Sparmaßnahmen der Regierung seien "eher knapp bemessen", um das Ziel der Schuldenbremse zu erreichen. Dem Rechnungshof geht es nicht nur ums Sparen, sondern auch darum, dass mehr Geld in die Staatskasse fließt. Mängel stellte er bei der Erhebung der Einkommensteuer fest. Viele Finanzämter seien überlastet und hätten "grüne Wochen", bei denen die Mitarbeiter Steuererklärungen einfach durchwinkten. Der Rechnungshof empfiehlt, auch den ermäßigten Mehrwertsteuersatz gründlich zu überprüfen. dpa

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