Sonntags geöffnet – nicht nur zur Weihnachtszeit

Paris · In Frankreich ist kurz vor Weihnachten eine Debatte um die Sonntagsöffnung der Läden entbrannt. Wirtschaftsminister Macron will mit mehr verkaufsoffenen Sonntagen Arbeitsplätze schaffen, doch ausgerechnet in der Tourismushauptstadt Paris formiert sich erbitterter Widerstand.

"Super, so sollte es immer sein." Die Besucher der großen Kaufhäuser in Paris sind sich nach dem ersten verkaufsoffenen Sonntag im Dezember einig: Die Sonntagsöffnung der Läden auch außerhalb der Adventszeit ist eine gute Idee. Sie kommt vom dynamischen Wirtschaftsminister Emmanuel Macron. Der 35-Jährige Politiker der sozialistischen Regierungspartei will einen einen entsprechenden Gesetzentwurf morgen vorstellen, mit dem er die lahmende Wirtschaft ankurbeln will. Die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage soll dem Text zufolge von fünf auf zwölf ausgeweitet werden. In einigen Touristenzonen und an den großen Bahnhöfen soll die Sonntagsruhe ganz aufgegeben werden. Bei einer generellen Öffnung der Läden am Sonntag könnten laut Arbeitgeberverband Medef 40 000 bis 100 000 Stellen entstehen.

"Wollen wir, dass die chinesischen Touristen ihre Einkäufe sonntags in London machen?", fragte Regierungschef Manuel Valls am Sonntagabend im Fernsehen. Denn gerade in Paris , mit 30 Millionen Touristen jährlich das Ziel Nummer eins weltweit, stehen die Besucher sonntags vor verschlossenen Ladentüren. 70 Prozent der Franzosen sind laut Umfragen dafür, die Geschäfte auch am Sonntag zu öffnen.

Doch der Kampf um den verkaufsoffenen Sonntag ist noch nicht gewonnen. Vor allem in der regierenden sozialistischen Partei tut sich mal wieder ein Graben auf zwischen den Sozialliberalen um Valls und der Parteilinken. "Das ist die Infragestellung sämtlicher historischer Kämpfe der Linken, was die Sonntags- und Nachtarbeit angeht", kritisiert die Senatorin Marie-Noëlle Lienemann vom linken Parteiflügel. Die Frontfrau im Kampf gegen die Sonntagsöffnung ist ausgerechnet die Bürgermeisterin von Paris , Anne Hidalgo. Sie hatte im Juni einen Expertenbericht zu dem Thema in Auftrag gegeben, dessen Ergebnisse ganz ihrem Geschmack entsprechen.

Die Autoren des 200 Seiten langen Papiers, das vergangene Woche veröffentlicht wurde, sind gegen eine Ausweitung der Öffnungszeiten auf den siebten Tag der Woche. Sie weisen darauf hin, dass ohnehin schon 20 Prozent der Läden in Paris sonntags geöffnet haben. "Niemand kann ernsthaft behaupten, dass die Pariser und die Touristen sonntags nicht über die nötigen Dienstleistungen und Läden verfügen", heißt es in dem Bericht.

In der Tat haben vor allem kleine Lebensmittelläden in der Hauptstadt auch sonntags geöffnet. Doch die Kaufhäuser bleiben geschlossen - und genau das will die konservative Opposition ändern. "Die Pariser verstehen nicht, warum sie in der einzigen wirklich großen Stadt der westlichen Welt leben, wo das Einkaufen am Sonntag unmöglich ist", gibt sie in dem Expertenbericht zu Protokoll. Die Pariser Oppositionschefin Nathalie Kosciusko-Morizet, seit vergangener Woche die neue Nummer zwei der konservativen UMP, fordert eine durchgehende Sonntagsöffnung das ganze Jahr.

Unterstützung erhält sie von der Vereinigung der großen Läden (UCV) in den Stadtzentren. Zur Sonntagsarbeit, die laut Macron freiwillig und besser bezahlt sein soll, heißt es da: "Unsere Gesellschaft des 21. Jahrhunderts mit 64 Millionen Einwohnern, die vor allem in den Städten leben, kann ganz einfach nicht nach den Regeln des ländlichen Frankreichs des 20. Jahrhunderts funktionieren."

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Am RandeDie Einkaufsoffensive Frankreichs bringt die Saarländer nicht in Zugzwang. "Wir sind als Landeshauptstadt selbstbewusst. Was Paris da plant, ist kein Problem", sagt Max Schoenberg, Präsident des Vereins für Handel und Gewerbe in Saarbrücken. Der Verein werde weiter auf vier verkaufsoffene Sonntage jährlich setzen. Schoen berg will den stets bis zu 80 000 Menschen, die an offenen Sonntagen in die Stadt kommen, "ein Ereignis bieten. Wenn wir das zu oft machen würden, wäre es für die Leute kein Spektakel mehr und sie werden weniger." Ein anderes Problem: Die Menschen haben nur begrenzt Geld. Das werde sich auch nicht durch mehr Verkaufstage ändern. Auch in Frankreich nicht. Deshalb vermutet Schoenberg, dass Frankreich mit seiner Strategie scheitern wird. pbe

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