Kehrseiten des Mobilfunks So problematisch sind Smartphones für die Umwelt

Berlin · Umweltschützer kritisieren Industrie und Politik hinsichtlich der Nachhaltigkeit beim Mobilfunk. Gleichzeitig appellieren sie auch an die Verbraucher.

Umweltschützer fordern schon lange ein verantwortungsvolleres Bewusstsein in der Mobilfunkbranche. Die Vorwürfe sind bekannt: kurzlebige Geräte, unnötig schnelle Produktzyklen, massive Umweltschäden und schlechte Arbeitsbedingungen bei der Produktion. Gestern präsentierte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) eine Studie zum Thema Nachhaltigkeit. Wichtige Fragen und Antworten zum Thema im Überblick.

Wie viele Smartphones werden in Deutschland verkauft, und wie steht es um den Elektroschrott?

Laut der DUH kaufen die Deutschen pro Jahr mehr als 24 Millionen Smartphones. Pro Jahr fallen etwa 1,7 Millionen Tonnen Elektroschrott an, von denen aber nur 40 Prozent ordnungsgemäß gesammelt werden. Nach Einschätzung der Internationalen Fernmeldeunion fielen 2016 weltweit 44,7 Millionen Tonnen Elektroschrott an, bis 2021 werden es 52,2 Millionen Tonnen sein. Der Wert von Gold, Silber, Kupfer, Platin und Palladium aus den Geräten summierte sich den Schätzungen zufolge auf 46,8 Milliarden Euro.

Was macht die Produktion von Smartphones so problematisch?

Für die Herstellung werden Edelmetalle und sogenannte Seltene Erden benötigt, die mittels gesundheitsschädigender Chemikalien gefördert werden. Dies schadet der Natur und kann dazu führen, dass manche Ressourcen bald erschöpft sind. Zudem verschlang die Produktion von 2007 bis 2017 laut Greenpeace weltweit 968 Terawattstunden Strom – das entspreche der jährlichen Energieversorgung Indiens.

Wie grün sind die Technologiekonzerne? Gibt es Unterschiede?

Greenpeace klopfte die Konzerne auf den Einsatz erneuerbarer Energien und von Chemikalien sowie das Recycling von Rohstoffen ab. Auch wurde untersucht, wie einfach sich Geräte reparieren lassen. Im Gesamtergebnis landete Fairphone auf Platz eins vor Apple. Beide verzichteten auf gefährliche Chemikalien und produzieren klimafreundlich, hieß es. Apple schnitt aber schlecht bei der Reparierbarkeit ab. Hier punkteten Dell und HP. Die chinesischen Firmen Huawei, Oppo und Xiaomi wurden für ihre „Wegwerfhandys“ kritisiert. Schlechte Noten gab es für den Marktführer Samsung, dessen Geräte in Ostasien vor allem mit klimaschädlichem Kohlestrom gefertigt würden.

Und was hat die aktuelle Studie der Deutschen Umwelthilfe ergeben?

Fest steht: „Nachhaltigkeit ist bei Smartphones und Co. eine Ausnahme.“ Jedoch gibt es Positivbeispiele: Im Bereich Reparatur wurden Unternehmen wie Asus, Fairphone, Shift und Zyxel hervorgehoben, die Ersatzteile für Reparaturbetriebe und die Nutzer bereitstellten. Zudem wurden Unternehmen gelobt, die auch gebrauchte Geräte verkaufen. Demnach bieten in Deutschland bereits Congstar (Telekom), Fairphone und Shift gebrauchte Mobiltelefone direkt an. In den USA sind das Apple und Samsung.

Was fordern die Umweltschützer von Industrie und Politik?

Die Liste ist lang. Um einen Kaufanreiz zu schaffen, wollen sie umweltfreundliche und gebrauchte Produkte niedriger besteuern lassen. Zudem sollen Hersteller verpflichtet werden, Ersatzteile, Reparaturanleitungen und Software-Updates zu einem angemessenen Preis zur Verfügung zu stellen. Und auch die Anbieter von Handyverträgen sollen nicht permanent mit neuen Geräten locken.

Kann der Verbraucher auch einen Beitrag leisten?

Auf jeden Fall. So muss der Kunde nicht jedem Hype hinterherjagen und immer nach dem neusten Modell lechzen. Einer Umfrage des Branchenverbands Bitkom zufolge haben nur zwölf Prozent der Deutschen ein Smartphone, das älter ist als zwei Jahre. Bei knapp einem Viertel ist es ein bis zwei Jahre alt. 63 Prozent besitzen ein Modell, das nicht älter als ein Jahr ist. Die DUH empfiehlt, beim Gerätekauf auf seriöse Siegel wie der „Blaue Engel“ zu achten. Zudem sollte man defekte Geräte reparieren und beim Kauf gebrauchte Modelle vorziehen. Und: „Alte Smartphones auf keinen Fall im Hausmüll entsorgen“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. Denn dann sind sie für Weiterverwertung und Recycling verloren, und viele Ressourcen verschwinden aus dem Kreislauf.

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