Snowden wieder auf der Flucht

Washington · Die Flucht Edward Snowdens aus Hongkong erwischt die US-Regierung auf dem falschen Fuß. Das Justizministerium legte offenbar einen unvollständigen Auslieferungs-Antrag vor.

Punkt fünf Uhr Ortszeit setzt der Aeroflot-Flieger auf der Landebahn des Moskauer Flughafens auf. Mit an Bord des Flugs SU213 von Hongkong befindet sich der Mann, der die weltweite Überwachung des Internets durch die elektronischen Abhördienste NSA und GCHQ publik gemacht hat. Edward Snowdens Aufenthalt ist aber wohl nur ein Zwischenstopp. Wie gestern Abend bekannt wurde, hat der 30-Jährige Asyl in Ecuador beantragt. Das südamerikanische Land gewährt in seiner Botschaft in London auch Wikileaks-Gründer Julian Assange Unterschlupf, der ebenfalls eine Auslieferung fürchtet. Die Enthüllungs-Organisation war es auch, die Snowden bei seiner Flucht aus Hongkong half. Sie verfügt über die rechtliche Expertise und praktische Erfahrung, den früheren IT-Experten des NSA zu einem sicheren Ort zu geleiten.

Der republikanische Senator Lindsey Graham verlangte von der US-Regierung Aufklärung, warum der Auslieferungsantrag von Hongkong als unzureichend bewertet wurde. "Ich möchte herausfinden, warum unsere Papiere den Anforderungen nicht genügten. Das wäre ein großer Fehler des Justizministeriums." Die Regierung von Hongkong hatte die Amerikaner um weitere Informationen gebeten. Es habe "keine rechtliche Grundlage" gegeben, Snowden an der Ausreise zu hindern, hieß es.

Der China-Experte Ken Lieberthal von der Brookings Institution in Washington meint, Peking sei gewiss froh, nicht mehr zwischen allen Stühlen zu sitzen. Der gefundene Ausweg sei "perfekt zu rechtfertigen". Hongkong ging seinerseits in die Offensive, indem es Aufklärung über neue Enthüllungen in der "South China Morning Post" verlangte. Das Blatt hatte über US-Hacker-Angriffe auf chinesische Mobilfunk-Anbieter sowie Internet-Knotenpunkte berichtet. NSA-Chef Keith Alexander meinte im amerikanischen Fernsehen zur Frage, ob chinesische Rechte verletzt worden seien, lediglich: "Ich bin sicher, dass wir bei dem, was wir tun, den Gesetzen unseres Landes folgen."

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