Skandal erschüttert Vertrauen in Organspende

Göttingen/Homburg. Deutschland droht einer der größten Skandale in der Geschichte der Organspende: Ein Göttinger Transplantationsmediziner soll in großem Stil Krankenakten manipuliert haben, um bestimmten Patienten bevorzugt eine Spenderleber zu verschaffen. Es werde 25 Verdachtsfällen nachgegangen, sagte Hans Lilie von der Bundesärztekammer

Göttingen/Homburg. Deutschland droht einer der größten Skandale in der Geschichte der Organspende: Ein Göttinger Transplantationsmediziner soll in großem Stil Krankenakten manipuliert haben, um bestimmten Patienten bevorzugt eine Spenderleber zu verschaffen. Es werde 25 Verdachtsfällen nachgegangen, sagte Hans Lilie von der Bundesärztekammer. Er habe in Deutschland "niemals mit so etwas gerechnet", sagte Lilie. Den Angaben zufolge sollen unter anderem Laborwerte und Dialyseprotokolle gefälscht worden sein, um zum Beispiel neben der Leber-Erkrankung auch Nieren-Probleme vorzutäuschen. Dies verbessert die Position auf der Warteliste, die für die Zuteilung eines Spenderorgans relevant ist. In mindestens einem Fall soll der 45 Jahre alte Mediziner eine hohe Geldzahlung eines russischen Patienten erhalten haben. Möglicherweise habe der Beschuldigte auch Helfer gehabt, hieß es gestern von Seiten der Uniklinik Göttingen, die von einer "Katastrophe" sprach.Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) forderte eine "schonungslose Aufklärung". Sollte sich der Vorwurf der Schieberei bei der Organzuteilung bestätigen, müsse dies "massive Konsequenzen" nach sich ziehen. Bahr fürchtet, dass die Berichte die Bereitschaft zur Organspende "massiv erschüttern" könnten. Auch die Deutsche Hospiz-Stiftung äußerte die Sorge, dass die Menschen das Vertrauen in das System verlieren. Für Urban Sester, Transplantationsverantwortlicher der Uniklink Homburg, reichen die derzeitigen Kontrollen nicht aus. Diese müssten unangemeldet durch andere Zentren erfolgen. , Interview und Meinung afp/dapd/ulb

Foto: dpa

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