„Sie bewerfen Martin Schulz mit Dreck“

Berlin · SPD reagiert empört über Anti-Schulz-Papiere von Unionsstrategen. Die machen dem SPD-Kanzlerkandidaten sehr persönliche Vorwürfe.

 Die Union nimmt Martin Schulz scharf ins Visier. Foto: von Jutrczenka/dpa

Die Union nimmt Martin Schulz scharf ins Visier. Foto: von Jutrczenka/dpa

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(dpa/afp) Die Union verschärft ihre Attacken gegen den SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz. Papiere aus Reihen von CDU und CSU mit teils persönlichen Vorwürfen gegen Schulz haben bei den Sozialdemokraten Empörung ausgelöst. Parteivize Ralf Stegner sagte der "Bild am Sonntag" (BamS): "Wir kennen es aus den Barschel-Jahren, dass die CDU, wenn es für sie eng wird, zu solchen Methoden greift: Haltlose Gerüchte verbreiten in der Hoffnung, dass was hängen bleibt." Ein Referent des damaligen Kieler Ministerpräsidenten Uwe Barschel (CDU) hatte den SPD-Oppositionsführer Björn Engholm seinerzeit bespitzeln lassen und ihn mit üblen Tricks unter Druck gesetzt. Barschel musste deshalb 1987 zurücktreten.

In einem der Anti-Schulz-Papiere wird vor allem dessen Amtsführung als Präsident des Europaparlaments kritisiert. Laut "BamS" sind die Verfasser Mitarbeiter der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament. In dem Text wird demnach Schulz vorgeworfen, "Günstlinge in einflussreiche Verwaltungspositionen befördert" und nicht sauber zwischen Parteipolitik und seinem Amt als Präsident des EU-Parlaments unterschieden zu haben.

Der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe, Herbert Reul, verteidigte das Schreiben in der "BamS". "Das Papier wurde gemacht im Streit um den EU-Parlamentspräsidenten", sagte der CDU-Politiker. "Wir haben es dann, als klar war, dass Martin Schulz neue Aufgaben bekommt, nur noch etwas aktualisiert." Es seien lediglich Fakten zusammengetragen worden. "Jeder, der deutscher Kanzler werden will, muss sich an seinen Taten messen lassen." Das sei nicht geheim. "Ich habe selbst als Abgeordneter erlebt, wie Herr Schulz sein Amt ausgenutzt hat", sagte Reul.

Der "Rhein-Neckar-Zeitung" zufolge gibt es noch ein zweites Papier gegen Schulz, das in der Unionsspitze und der Bundestagsfraktion kursiert. Unionsstrategen listen darin dem Blatt zufolge mögliche Schwachstellen und Angriffspunkte des SPD-Kanzlerkandidaten auf. Das Papier soll sehr viel persönlichere Angriffe enthalten. Ihm werden ein "Lebensstil der Oberklasse" sowie ein Hang zu Populismus vorgehalten.

SPD-Generalsekretärin Katarina Barley äußerte sich in der "BamS" erbost und ging zur Gegenattacke über. "Die CDU kann nur zwei Dinge: aussitzen und andere beschimpfen. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis sie anfangen würden, Martin Schulz mit Dreck zu bewerfen." Den Blättern der Funke Mediengruppe sagte sie: "CDU und CSU schlagen gerade wahllos um sich, weil sie sich selbst nicht für ihre eigene Kanzlerkandidatin begeistern können."

Schon in den vergangenen Tagen hatte die Union die politischen Angriffe auf Schulz spürbar verstärkt. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte dem "Spiegel": "Wenn Schulz seine Unterstützer 'Make Europe great again' rufen lässt, dann ist das fast wortwörtlich Trump." Die CDU warf Schulz auch Profillosigkeit vor. "Kein Mensch weiß, wofür der Kandidat Schulz steht", sagte Generalsekretär Peter Tauber der "Welt am Sonntag". "Die rot-grünen Länder verweigern sich bei Abschiebungen. Was sagt der Kandidat Schulz dazu?" Sich bei Twitter und Facebook feiern zu lassen, ersetze kein Programm.

Im neuen Sonntagstrend der "Bild am Sonntag" steigen die Sozialdemokraten um drei Punkte auf 32 Prozent und erreichen damit ein Zehn-Jahres-Hoch. Die Union liegt in der Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid unverändert bei 33 Prozent. Könnte der Bundeskanzler direkt gewählt werden, würden sich jetzt sogar 46 Prozent für Schulz und nur noch 40 Prozent für Amtsinhaberin Angela Merkel (CDU) entscheiden. Der Junge-Union-Vorsitzende Paul Ziemiak sagte der "BamS": "Ab jetzt muss Martin Schulz gestellt werden. Seine Schonzeit ist vorbei."

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