Selbstmordwelle in Italien und Griechenland

Rom/Athen. Seit Monaten arbeitslos, nimmt sich der 56-jährige Maurer und Vater von vier Kindern bei Neapel mit einem Stromkabel das Leben. Mit einem Pistolenschuss bereitet ein kleiner Bauunternehmer aus dem sardischen Nuoro seiner Misere ein Ende - er hatte selbst seine Söhne entlassen müssen

Rom/Athen. Seit Monaten arbeitslos, nimmt sich der 56-jährige Maurer und Vater von vier Kindern bei Neapel mit einem Stromkabel das Leben. Mit einem Pistolenschuss bereitet ein kleiner Bauunternehmer aus dem sardischen Nuoro seiner Misere ein Ende - er hatte selbst seine Söhne entlassen müssen. Kaum ein Tag vergeht in Italien, an dem die Medien nicht über weitere Selbstmorde berichten, die eine seit Jahren verschärfte Schulden- und Wachstumskrise zum Hintergrund haben. Vor allem auch Kleinunternehmer im wirtschaftlich doch starken Norden der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone sehen oftmals keinen Ausweg mehr. Wie Italien geht es Griechenland - die Suizide nahmen in den vergangenen Jahren teilweise dramatisch zu.Genaue Statistiken, die mehr Aufschlüsse über die Gründe für die Verzweiflungstaten erlauben, gibt es in beiden Krisenländern nicht. Aber selbst wenn keine Abschiedsbriefe dies erklären, so wird doch deutlich, dass die erhöhte Zahl von Selbstmorden in den letzten drei Jahren - von etwa 20 Prozent Zunahme ist in beiden Ländern die Rede - ein Barometer für die Krise ist.

Unternehmer müssen auf die Zahlungen der verschuldeten Verwaltung für ihre Dienstleistungen und Waren warten. Sie können so ihre Kredite nicht mehr bedienen. In Italien stehen die zahllosen Steuerschuldner unter dem massivem Druck der Regierung, die Geld in die Kassen bringen muss. Die Abgabenlast hat sich stark erhöht, Arbeitslosigkeit grassiert in der Rezession.

Auch in Griechenland sollen sich seit Ausbruch der schweren Finanzkrise 2009 wesentlich mehr verzweifelte Menschen das Leben genommen haben. "Aus Daten, die uns vorliegen, ist die Zahl der Suizide in den letzten drei Jahren schätzungsweise um etwa 20 Prozent gestiegen", sagt der Psychiater Vassilis Kontaxakis. Man könne jedoch nicht klar definieren, inwiefern allein die Finanzkrise dafür verantwortlich sei. Athens Gesundheitsminister Andreas Loverdos sprach sogar von 40 Prozent mehr Selbsttötungen. Dabei verzeichnete Griechenland vor der Krise eine der niedrigsten Selbstmordraten weltweit. Der Chef der konservativen Partei Nea Dimokratia (ND), Antonis Samaras, meinte, seine Landsleute litten an einer "nationalen Depression". dpa

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