Selbstbewusste Kinder erwünscht

Berlin. Es gibt Sprüche, die vermutlich jeder schon mal von seinen Eltern in jungen Jahren zu hören bekommen hat: "Das kannst du alles mal machen, wenn du groß bist, aber jetzt nicht", ist so einer. Der absolute Klassiker bleibt aber: "Solange du deine Füße unter meinen Tisch stellst . . 

 82 Prozent der Bürger schätzen den Zusammenhalt im engeren Familienkreis als stark oder sehr stark ein. Foto: dpa

82 Prozent der Bürger schätzen den Zusammenhalt im engeren Familienkreis als stark oder sehr stark ein. Foto: dpa

Berlin. Es gibt Sprüche, die vermutlich jeder schon mal von seinen Eltern in jungen Jahren zu hören bekommen hat: "Das kannst du alles mal machen, wenn du groß bist, aber jetzt nicht", ist so einer. Der absolute Klassiker bleibt aber: "Solange du deine Füße unter meinen Tisch stellst . . ." Früher war jedoch einmal, offenbar kommen solche Sätze heute der neuen, weil jüngeren Elterngeneration nicht mehr so leicht über die Lippen. Das ist ein Rückschluss, den man aus dem umfangreichen "Generationen-Barometer 2009" ziehen kann. Die Studie, für die das Allensbacher Institut für Demoskopie 2222 Menschen ab 16 Jahren befragte, wurde am Mittwoch in Berlin vorgestellt.

Ohrfeigen und die berühmte Tracht Prügel sind zum Glück schon lange verpönt. Es wird zwar noch reichlich geschimpft, wenn Kinder etwas angestellt haben - gut 70 Prozent der Eltern tun dies. Aber Autorität alten Schlages in der Erziehung ist out. Modern ist, den Dialog mit den eigenen Sprösslingen zu suchen. Die Studie räumt zugleich deutlich mit dem Bild von Familie auf, das häufig durch die Medien transportiert wird: Da wird geschlagen, sich nicht gekümmert, Kinder sind verwahrlost und haben kaum Perspektiven. Das gibt es zwar auch, "aber das Familienleben in Deutschland ist beileibe kein krisengeschüttelter Sozialfall", rückte Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) bei der Vorstellung der Studie zurecht. 82 Prozent der Bürger schätzen vielmehr den Zusammenhalt im eigenen engeren Familienkreis als stark oder sehr stark ein.

64 Prozent der über 60-Jährigen geben an, sie hätten noch eine strenge Erziehung genossen, von den 16- bis 29-Jährigen sagen das nur noch 23 Prozent. Die Erziehungsziele und -methoden haben sich also in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert. "Die körperlichen Strafen spielen eine weitaus geringere Rolle", so die Allensbach-Chefin Renate Köcher. Kinder erfahren stattdessen heutzutage mehr Zuwendung, sie werden besser gefördert und genießen mehr Freiräume. Erziehung ist laut Studie darauf ausgerichtet, Fähigkeiten zu entfalten statt Anpassung und Bescheidenheit zu vermitteln. Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein wollen 89 Prozent der Eltern ihren Kindern beibringen, auch wünschen sie sich, dass sie lernen, Gefühle zu zeigen (67 Prozent). Zugleich geben 79 Prozent der Eltern an, dass es für die richtige Erziehung kein Patentrezept gibt, und 67 Prozent sagen, sie sei "anstrengend." Nur fünf Prozent glauben, Kinder wachsen von alleine auf, man kann "eigentlich nicht viel falsch machen". Wenn die Bürger insgesamt danach gefragt werden, wo sie die Probleme bei der Erziehung von Kindern sehen, sagen 85 Prozent, der Nachwuchs schaut zu viel Fernsehen und sitzt zu oft vor dem Computer; 75 Prozent meinen, dass die Kindern sich zu wenig bewegen, zu früh rauchen und Alkohol trinken, und 63 Prozent beklagen, dass zu wenige Werte vermittelt werden. "Eltern sind heute viel stärker bereit, auf die Interessen ihrer Kinder einzugehen", räumte Köcher ein. Und sie nehmen sich dafür auch mehr Zeit: Während von den Befragten im Alter ab 60 Jahren noch 32 Prozent beklagen, ihre Mutter hat nicht genug Zeit für sie gehabt, sind es bei den unter 30-Jährigen nur noch 19 Prozent. 54 Prozent der Älteren finden, dass ihr Vater nicht genug Zeit für sie gehabt hat, bei den 16- bis 29-Jährigen bejahen dies lediglich 31 Prozent. Ministerin von der Leyen hofft, dass dieser Trend zum Dasein des Vaters weiter geht: Sie kündigte gestern an, sie wolle in der nächsten Legislaturperiode eine Ausweitung der so genannten Vätermonate bei der Elternzeit erreichen.

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