Gleichberechtigung 100 Jahre Frauen-Wahlrecht – und der Kampf geht weiter

Berlin · Seit dem 12. November 1918 dürfen Frauen in Deutschland wählen. Doch auch heute, 100 Jahre später, ist das Thema Gleichberechtigung noch nicht abgeschlossen.

 Ein Plakat der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) wirbt für die Wahlen zur Preußischen Landesversammlung am 26. Januar 1919 und fordert die Bürgerinnen zur Wahrnehmung ihrer Rechte auf. Im Jahr 1919 waren die Frauen in Deutschland erstmals wahlberechtigt, nachdem am 12. November 1918 das Wahlrecht für Frauen offiziell eingeführt wurde.

Ein Plakat der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) wirbt für die Wahlen zur Preußischen Landesversammlung am 26. Januar 1919 und fordert die Bürgerinnen zur Wahrnehmung ihrer Rechte auf. Im Jahr 1919 waren die Frauen in Deutschland erstmals wahlberechtigt, nachdem am 12. November 1918 das Wahlrecht für Frauen offiziell eingeführt wurde.

Foto: dpa/--

Wer waren Clara Zetkin und Hedwig Dohm? Minna Cauer, Helene Lange und Louise Otto-Peters? Bei einem Fernsehquiz würden wahrscheinlich viele an diesen Namen scheitern. Es sind alles Vorkämpferinnen, die dazu beigetragen haben, dass Frauen in Deutschland wählen dürfen – ein Recht, das es am 12. November seit 100 Jahren gibt. Es wurde 1918 in der Übergangsphase zwischen Kaiserzeit und Weimarer Republik verkündet.

Beim Namen Clara Zetkin dürfte es noch klingeln: Sie rief 1911 den Frauentag mit ins Leben, war Reichstagsabgeordnete und zu DDR-Zeiten eine sozialistische Ikone. Für Kaiser Wilhelm II. war sie die „gefährlichste Hexe des deutschen Reiches“. Nicht nur Zetkin, auch andere Frauenrechtlerinnen werden gerade wiederentdeckt und gefeiert. Das Bundesfrauenministerium fördert eine Jubiläumskampagne zu 100 Jahren Frauenwahlrecht. In Frankfurt gibt es die Ausstellung „Damenwahl!“. 

Ähnlich wie das Ende des Ersten Weltkriegs, die Novemberrevolution und der Matrosenaufstand ragt das Thema Frauenwahlrecht bis ins Heute. Das Kapitel Gleichberechtigung ist nicht abgeschlossen, von der Lohnfrage bis zu den Chefetagen. 2017 sank der Anteil der Frauen im Bundestag mit 30,9 Prozent auf das Niveau von 1998. Daran will jetzt auch Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) etwas ändern.

Noch immer gibt es viele Männerdomänen. Die Lücken fallen sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, die sonst in Frauenfragen nicht gerade auf Alice Schwarzers Spuren wandelt. So belehrte die CDU-Chefin die Junge Union wegen des frauenlosen Bundesvorstands: „Schön männlich. Aber 50 Prozent des Volkes fehlen.“ Viele johlten, als die Kanzlerin noch einen draufsetzte: „Und ich sag’ Ihnen: Frauen bereichern das Leben. Nicht nur im Privaten, auch im Politischen. Sie wissen gar nicht, was Ihnen entgeht.“ Merkel ist nun schon so lange an der Macht, dass die „taz“ gerade zu ihrem Rückzug von der Parteispitze fragte: „Ist Deutschland bereit für einen Mann als Kanzlerin?“

Solche Sätze wären früher kaum denkbar gewesen. Als der Rat der Volksbeauftragten am 12. November das Wahlrecht reformierte und damit den Frauen eine Stimme gab, fiel das nicht vom Himmel. Im Oktober 1918 hatten mehr als 50 Frauenorganisationen den Reichskanzler Max von Baden aufgefordert, das Wahlrecht durchzusetzen. „Das ist ziemlich unbekannt“, sagt die Historikerin Monika Wienfort von der Berliner Humboldt-Universität. Das Wahlrecht sei nicht etwa ein „Geschenk“ gewesen, sondern eine Reaktion auf Forderungen.

Deutschland war damals mit diesem Schritt nicht allein. Rund 40 Staaten führten es zwischen 1906 und 1932 ein, in Neuseeland gab es das Recht schon 1893.

Doch warum ist die Leistung der Frauenrechtlerinnen heute kaum bekannt? „Revolution und Geschichte ist männlich geprägt, Frauen als Protagonistinnen fallen hinten runter“, sagt Jenny Jung, Kuratorin am Historischen Museum Frankfurt. Dazu kam, dass viel durch den Nationalsozialismus verlorenging, etwa Zeugnisse zu den Frauenrechtlerinnen Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann. Ihre Geschichte kann man im Jubiläumsjahr wiederentdecken. Genauso wie die von Marie Juchacz, der Gründerin der Arbeiterwohlfahrt. Als erste Frau sprach die Sozialdemokratin am 19. Februar 1919 in der Weimarer Nationalversammlung: „Was diese Regierung getan hat, das war eine Selbstverständlichkeit: Sie hat den Frauen gegeben, was ihnen bis dahin zu Unrecht vorenthalten worden ist.“

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