Die CSU Seehofer verteilt Beruhigungspillen an seine Kritiker

München · Anders als erwartet lässt der CSU-Parteichef seine weitere politische Zukunft offen. Anfang Dezember soll es Klarheit geben, verspricht er.

 Eine Entscheidung über seine Zukunft steht weiter aus: Horst Seehofer, hier auf dem Weg zur CSU-Vorstandssitzung.

Eine Entscheidung über seine Zukunft steht weiter aus: Horst Seehofer, hier auf dem Weg zur CSU-Vorstandssitzung.

Foto: dpa/Amelie Geiger

Offenbar hat Horst Seehofer verstanden. Zwei Monate nach der krachenden Pleite seiner CSU bei der Bundestagswahl zeigt sich der 68-Jährige erstmals bereit, immerhin einen Teil seiner Macht abzugeben. Zumindest ansatzweise. Er werde alles dazu beitragen, „dass wir zu einer Harmonie und einer Kameradschaft und Kollegialität in der CSU wieder zurückkehren. Das ist mein Hauptziel, deshalb spreche ich auch mit Hauptbeteiligten, das ist ja völlig klar“, sagt Seehofer gestern Nachmittag  kurz vor der mit Spannung erwarteten Sondersitzung seiner Fraktion aus dem bayerischen Landtag.

Was das am Ende konkret heißt, lässt er offen. Tritt er von allen Ämtern zurück oder zumindest von einem? Und wann? „Heute Abend wird alles klar sein“, vertröstet Seehofer die fragenden Journalisten am Mittag. Doch auch Stunden nach der von Seehofer genannten Uhrzeit für die Entscheidung (18  Uhr) ist nichts klar. In Absprache mit der Fraktion kündigt Seehofer im Vorstand stattdessen die Gründung eines prominent besetzten Beraterkreises an, der ihn und die Partei bis Anfang Dezember bei der Suche nach der bestmöglichen Personallösung unterstützen soll. Vielleicht sollen die Berater auch vermitteln, des lieben Friedens wegen. Denn nach wie vor herrscht Misstrauen zwischen Seehofer und seinen Kritikern in der Fraktion. In dem Gremium sitzen die beiden Ehrenvorsitzenden Edmund Stoiber und Theo Waigel sowie Parteivize Barbara Stamm.

Die von vielen erwartete Entscheidung zu Seehofers Zukunft und damit zu der der CSU wird damit wohl erst Anfang Dezember fallen. Dann soll der Vorstand für den Mitte Dezember anstehenden Parteitag einen Vorschlag erarbeiten, wie die künftige CSU-Spitze aussieht: Nicht wenige in der Partei erwarten eine Ämterteilung, die Bayerns Finanzminister Markus Söder zum Spitzenkandidaten macht und ihm spätestens nach der Landtagswahl 2018 den Posten des Ministerpräsidenten beschert. Seehofer würde dann aber das Amt des Parteichefs behalten, könnte somit weiter für die CSU in Berlin bei Sondierungen oder Koalitionsverhandlungen am Tisch sitzen. Alleine die Ankündigung einer Dialogbereitschaft reicht – wie eine Beruhigungspille – aus, um Kritiker und Rücktrittsforderer in der Fraktion zunächst ruhig zu stellen. Was in den vergangenen Wochen unvorstellbar ist, tritt tatsächlich ein: Geschlossen verlassen die CSU-Abgeordneten nach knapp zwei Stunden den Fraktionssaal, es fällt kein böses Wort mehr über Seehofer.

Auch Söder, sein langjähriger Intimfeind und der meist gehandelte Kandidat für die Nachfolge, verliert zunächst nur wenige, ausschließlich gute Worte: „Wir müssen versuchen, als CSU wieder zu der legendären Geschlossenheit zu gelangen. Da muss jeder einen Beitrag leisten, ich auch, und das werden wir tun.“ Später im Vorstand spricht er davon, dass sich die Partei gar wünsche, dass sich Söder und Seehofer umarmten. 

 Aus der Sicht von Fraktionschef Thomas Kreuzer ist das Prozedere ein guter Anfang. „Wir haben nur über das Verfahren geredet, und es war eine sehr gute Sitzung in einem großen Gemeinschaftsgeist in einer schwierigen Situation“, sagt er und skizziert den besagten Zeitplan, der bis Anfang Dezember für Klarheit sorgen soll. Weil es zwischenzeitlich anderslautende Gerüchte gibt, betont er mehrfach, dass nicht über Namen und Personen gesprochen wurde.

Die sind bei dem Dauerbrennerthema aber auch gar nicht notwendig. „Sein Tenor war klar: Ich bin gesprächsbereit, ich fühle mich nicht unersetzlich“, berichtet ein Fraktionsmitglied. Für viele in der Fraktion sei das wichtigste Signal, dass Seehofer nicht mehr kategorisch gegen einen Ministerpräsidenten Söder sei, dass er sich eine Ämtertrennung vorstellen kann, bei der er selbst als Parteichef weitermacht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort