Seehofer – stark wie nie

München · Horst Seehofer ist in Bayern auf dem Zenit seiner Macht: Beim CSU-Parteitag bestätigten die Delegierten ihren Vorsitzenden mit 95,3 Prozent. Euro-Rebell Peter Gauweiler soll als CSU-Vize eine wichtige Rolle im Europawahlkampf spielen.

Nach dem "goldenen Herbst" vom September mit zwei gewonnenen Wahlen lagen die Erwartungen an das Ergebnis von Horst Seehofer bei seiner Wiederwahl zum Parteivorsitzenden hoch, sehr hoch, sozusagen bei 100 Prozent minus X. Die Parteitagsdelegierten enttäuschten sie nicht: Mit 95,3 Prozent der gültigen Delegiertenstimmen erreichte Seehofer seine bisher höchste Zustimmungsrate nach 88,1 Prozent und 89,9 Prozent in den Jahren 2009 und 2011. Nur 33 von 732 CSU-Delegierten (2011 waren es 84) sagten am Samstag Nein zu ihrem großen Vorsitzenden.

Eine Personalie machte die Stellvertreterwahlen spannend: An Stelle der glücklosen bayerischen Ex-Justizministerin Beate Merk (56), die auf eine Wiederkandidatur verzichtet hatte, schlug Parteichef Seehofer den Bundestagsabgeordneten und Europa-Rebellen Peter Gauweiler vor, der ohne Gegenkandidaten bei 149 Nein-Stimmen mit einer Zustimmungsquote von 79,1 Prozent in das höchste Führungsgremium gewählt wurde.

Der 64-Jährige, der gegen die Euro-Schutzschirme vor dem Bundesverfassungsgericht indirekt auch gegen seine eigene Partei geklagt hatte, setzte sich in seiner kurzen Bewerbungsrede für Plebiszite auf Bundesebene ein, die in dem angestrebten Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD nicht vorgesehen sind. Wer sich die "Irrwege" in der europäischen Politik vor Augen führe, erkenne, dass die Akteure "intellektuell überfordert" seien und nicht das Volk, so Gauweiler. Die Installierung Gauweilers als Stellvertreter zeige, wie ernst Seehofer die Konkurrenz der "Alternative für Deutschland" (AfD) nehme, erklärte deren Landesvorsitzender André Wächter. Gauweiler solle der CSU bei der anstehenden Europawahl im Mai offenbar als "eurokritisches Feigenblatt" dienen.

Die meisten Stimmen der vier Stellvertreter erhielt erwartungsgemäß die Würzburger Landtagsabgeordnete und Landtagspräsidentin Barbara Stamm (89 Prozent) vor Verteidigungs-Staatssekretär Christian Schmidt (88,8 Prozent) und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (86,4 Prozent). CSU-Schatzmeister Thomas Bauer stellt übrigens alle in den Schatten, er wurde mit 99 Prozent wiedergewählt.

Vor den Vorstandswahlen hatte Parteichef Seehofer die Parteiseele mit einer ausgesprochenen Wohlfühl-Rede gestreichelt. Der CSU-Chef lobte seine Mitstreiter für den "goldenen Herbst", in der die CSU bei der Landtags- wie Bundestagswahl Erfolge eingefahren hatte, meinte aber zu einem erheblichen Teil auch sich selbst. Mit "Horst im Glück" habe es wenig zu tun, dass die Partei seit der schlimmsten Niederlage in ihrer Geschichte bei der Landtagswahl 2008 wieder zu alter Stärke zurückgefunden habe, so Seehofer. Wenn ihm der Herrgott Gesundheit und der Parteitag das Vertrauen gebe, wolle er sich weiter für die CSU "zerreißen", versprach Seehofer - ein dezenter Hinweis an interessierte Nachfolger, sich nicht zu früh zu große Hoffnungen zu machen.

Die bevorstehende heiße Phase der Berliner Koalitionsverhandlungen spielte am zweiten Tag des CSU-Parteikonvents nur noch eine untergeordnete Rolle. Seehofer freute sich noch einmal demonstrativ über die am Vortag etwas verklausulierte Ankündigung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die CSU-Pkw-Mautpläne nun doch unterstützen zu wollen: "Wir haben uns aufgrund unserer Hartnäckigkeit durchgesetzt. Und dabei bleibt es auch."

Die Verhandlungen mit der damaligen SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt zur Gesundheitsreform im Jahre 2003 seien "ein Klacks" und geradezu eine "schöne Nacht" dagegen gewesen, ahnte Seehofer. Einen Sonderparteitag zur Billigung des Verhandlungsergebnisses hielt der wiedergewählte CSU-Chef für entbehrlich. Es sei denn, man müsse "maßgeblich vom Bayernplan abweichen".

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