"Seehofer ist unser Obama"Pauli tritt zur Europawahl an

Berlin/Passau. Seehofer steht ein bisschen wacklig auf den Beinen am Ende seiner anderthalbstündigen Rede in der Passauer Dreiländerhalle. Einiges ist diesmal anders beim Politischen Aschermittwoch der CSU: Es ist Krise in Deutschland, und seit der letzten Landtagswahl ist die CSU ihre einzigartige Stellung in Bayern los

Berlin/Passau. Seehofer steht ein bisschen wacklig auf den Beinen am Ende seiner anderthalbstündigen Rede in der Passauer Dreiländerhalle. Einiges ist diesmal anders beim Politischen Aschermittwoch der CSU: Es ist Krise in Deutschland, und seit der letzten Landtagswahl ist die CSU ihre einzigartige Stellung in Bayern los. Also ist die Bühne in der Halle deutlich kleiner als früher, man trägt längst nicht mehr so dick auf als Christsoziale. Außerdem ist in der Maß am Rednerpult nun wirklich Bier und nicht wie zu Zeiten Stoibers Salbeitee. Nach ein paar Schlucken kommt Seehofer auch prompt mal das "Sch" und mal das "L" schwer über die Lippen. Allerdings, so stellt sich später heraus, sind daran Grippeviren und Medikamente schuld, der Mann steht kurz vor einem Schwächeanfall. "Ich hab's durchgestanden, danke dem Herrgott", sagt der 59-Jährige zum Schluss. . Passau, das ist im Leben eines CSU-Granden immer noch etwas Besonderes. "Horst, wir glauben an Dich", "Seehofer ist unser Obama", "CSU muss wieder 50 Prozent plus X erreichen", steht auf Plakaten. Die Erwartungshaltung der Basis ist nach all den Querelen immens. Seehofer ist der dritte Hauptredner in drei Jahren: nach dem Stoiber Edmund und dem Huber Erwin. Nun will der einst als Hallodri und jetzt als Querkopf gescholtene Horst die christsozialen Stammherzen gewinnen.Er versucht es mit einfachen, besonnenen Botschaften: "Ich bleibe ein Politiker für den kleinen Mann", ruft er. Selten ist in Passau auch so viel gelacht worden, jedenfalls bis zur Mitte der Rede, als die Viren langsam Oberhand gewinnen. Kalauer-Horst greift tief in die Kiste: "Irren ist menschlich, immer irren sozialdemokratisch", zitiert er Franz-Josef Strauß. Der Saal tobt. Oder: Mit der Grünen Claudia Roth gehe "eine Träne auf Reisen". Wieder Gelächter. Neben der Bühne flattern erst die bayerische Fahne, dann die der CSU und schließlich hängt da noch ein wenig schlapp das Deutschland-Tuch: "Mit dem Herzen Bayern, mit dem Verstand Deutsche", verkündet Seehofer analog der Fahnenfolge. Angesichts der Wirtschaftskrise warb er für einen "Vertrauenspakt" von Politik und Bevölkerung. Ähnliches schwebt auch CDU-Chefin Angela Merkel (Foto: ddp) vor: "Der Staat, das sind wir alle gemeinsam", sagte Merkel bei der Veranstaltung der CDU in Demmin in Mecklenburg-Vorpommern. 2009 werde auch ein Jahr der schlechten Nachrichten sein. "Diese sollen uns aber nicht depressiv machen." Bei der SPD gibt es nicht so viel zu lachen wie etwa bei der CSU, Parteichef Franz Müntefering zelebriert den Aschermittwoch zwar engagiert im baden-württembergischen Ludwigsburg. Doch seine Partei dümpelt in Umfragen vor sich hin. Also stichelt "Münte": Es habe ja mal 2002 ein Frühstück in Wolfratshausen gegeben. Bei diesem Treffen hatte Merkel zugunsten des damaligen CSU-Chefs Stoiber auf die Kanzlerkandidatur der Union verzichtet. "Seien Sie mal vorsichtig", so Müntefering spitz in Richtung Kanzlerin. Möglicherweise gebe es vor der Bundestagswahl noch ein Frühstück in Ingolstadt. Dort wohnt Seehofer. 18-Prozent-Mann Guido Westerwelle indes würde gerne mit Angela Merkel frühstücken - nach der Wahl als Vizekanzler und Außenminister. "Ich will etwas zu sagen haben", brüllt der FDP-Chef gleich zu Beginn seiner Rede in einem Passauer Gasthof in den Saal. Schließlich gehe es um die Frage: "Behalten wir die soziale Marktwirtschaft oder werden wir zu einer DDR light?" Für die FDP gebe es die größere Gemeinsamkeit mit der Union. "Nur weil die Union nach links geht, werden SPD und Grüne ja nicht schöner". Deggendorf. Die frühere CSU-Rebellin Gabriele Pauli (Foto: ddp) will nach längerem Zögern nun doch Europa-Spitzenkandidatin der Freien Wähler (FW) werden. "Ich sage Ja", sagte sie beim politischen Aschermittwoch der Freien Wähler in Deggendorf. Ihre Ansichten seien nicht an Bayern gebunden. "Ich freue mich auf diese Aufgabe. Wir werden eine sehr große Bürgerbewegung werden." Die FW-Anhänger feierten die Ex-Landrätin mit viel Applaus. dpa "Wir sind doch nicht die Reha-Klinik für Guantánamo."Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer zur Ablehnung einer Aufnahme von Häftlingen aus dem US-Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba in Bayern "In einem hat Franz Josef Strauß recht: Irren ist menschlich, immer irren ist sozialdemokratisch."CSU-Chef Horst Seehofer beim politischen Aschermittwoch in Passau "Wir sprechen als Bayern nicht immer Hochdeutsch, aber wir sprechen eine deutliche Sprache — eine deutliche Sprache, die man über Bayern hinaus versteht, auch in Berlin."CSU-Chef Horst Seehofer"Nur weil die Union nach links geht, nur weil die Union hässlicher wird, werden SPD und Grüne nicht schöner."FDP-Chef Guido Westerwelle zu möglichen Koalitionspartnern "Stoiber, Beckstein, Huber, Glos - bei der CSU hat man heute das Gefühl, da gibt es eine Abwrackprämie für Führungskräfte - sogar ohne Verwertungsnachweis." Jürgen Trittin, Spitzenkandidat der Grünen für die Bundestagswahl, zu Rücktritten von CSU-Politikern"In der Bibel steht geschrieben: Die Feinde soll man so lieben wie die Freunde. Vermutlich weil es sich um den gleichen Personenkreis handelt."CSU-Chef Horst Seehofer

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