Schweinegrippe alarmiert die EU

Brüssel. Die EU hat nach den ersten Fällen von Schweinegrippe in Europa ihr Alarmsystem für Pandemien in Gang gesetzt. Gesundheitskommissarin Androula Vassiliou informierte gestern die 27 Außenminister der Gemeinschaft, die in Luxemburg tagten. Unmittelbar zuvor hatte sie die EU-Gesundheitsminister der Union für Donnerstag zu einer Dringlichkeitssitzung nach Brüssel geladen

Brüssel. Die EU hat nach den ersten Fällen von Schweinegrippe in Europa ihr Alarmsystem für Pandemien in Gang gesetzt. Gesundheitskommissarin Androula Vassiliou informierte gestern die 27 Außenminister der Gemeinschaft, die in Luxemburg tagten. Unmittelbar zuvor hatte sie die EU-Gesundheitsminister der Union für Donnerstag zu einer Dringlichkeitssitzung nach Brüssel geladen. Bei diesem Treffen sollen wissenschaftliche Informationen zusammengetragen, die Bedrohung durch das Virus eingeschätzt und Gegenmaßnahmen koordiniert werden. Die Lage hatte sich im Laufe des Tages zugespitzt, nachdem ein erster Fall des Virus H1N1 in Spanien nachgewiesen worden war. Ein 23-jähriger Heimkehrer aus Mexiko befindet sich in einer Klinik im südlichen Landesteil in Quarantäne, sein Zustand soll sich aber bereits stabilisiert haben. In Schweden und der Schweiz werden ebenfalls je fünf Mexiko-Rückkehrer mit verdächtigen Symptomen behandelt. In Großbritannien gab es gestern drei Verdachtsfälle. In Frankreich wurden vier potentiell mit dem Virus infizierte Patienten gemeldet, die kürzlich nach Mexiko und in die USA gereist waren.Auch in Deutschland wurden gestern nachmittag erste Verdachtsfälle gemeldet. Zwei Bielefelder waren mit dem Verdacht auf die Infektion mit dem gefährlichen Grippevirus stationär untersucht worden. Noch am Nachmittag gab es Entwarnung. Sie waren mit einer fieberhaften Erkältung von einer Mexiko-Reise zurückgekehrt. Verwirrung gab es am Montag um die Äußerung der EU-Gesundheitskommissarin, sie "persönlich würde unnötige Reisen in die Gegenden, in denen sich die Krankheit häuft, vermeiden". Die französische Gesundheitsministerin Roselyne Bachelot sagte in Paris: "Ich kann nicht bestätigen, dass wir vor einer Pandemie stehen." Und auch der EU-Gesundheitsexperte Robert Madelin erklärte mit Blick auf die Bedrohung in der Union: "Kein Land steht unter einem höheren Risiko als die anderen." Es gebe auch keinen Grund für die Bürger, ihre Ernährung umzustellen, da das Virus nicht über die Nahrungskette übertragen werde. "Ich habe erst gestern ein wunderbares Schweinefilet gegessen und kann das jedem nur empfehlen."Die Symptome der Grippe sind Fieber, Müdigkeit, Appetitlosigkeit sowie Husten. Einige infizierte Menschen meldeten zudem Schnupfen, Halsschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Bei Verdacht sollte umgehend ein Arzt besucht werden. Die EU-Kommission hat für Gesundheitsfragen keine eigene Zuständigkeit, koordiniert aber im Fall von Epidemien oder Pandemien (siehe Hintergrund) die Arbeit der 27 Mitgliedstaaten. Auch überprüft sie die EU-weite Versorgung mit Impfstoffen. Im aktuellen Fall - das bestätigten gestern Gesundheitsexperten in Brüssel - gibt es bisher kein Serum gegen die Schweinegrippe.

HintergrundDer Begriff Epidemie bezeichnet das stark gehäufte, örtlich und zeitlich begrenzte Vorkommen einer Erkrankung. Dazu gehören viele Tropenkrankheiten wie die Dengue, aber auch Cholera, Grippe, Typhus, Pest und Kinderlähmung. Als Pandemie wird eine Epidemie bezeichnet, die sich über Länder und Kontinente hinweg ausbreitet. Dazu zählen Aids, aber auch die Pest im Mittelalter oder die Grippe, die im 20. Jahrhundert zu drei Pandemien führte: An der "Spanischen Grippe" von 1918 starben mit 25 bis 50 Millionen mehr Menschen als im 1. Weltkrieg. Es folgten 1957 die "Asiatische Grippe" mit rund einer Million Toten und die "Hongkong-Grippe" 1968 mit etwa 700 000 Toten. Eine Endemie ist eine heimisch gewordene Infektionskrankheit, die ständig innerhalb eines Gebiets vorkommt - wie zum Beispiel in Mitteleuropa Lungentuberkulose, Masern oder Scharlach. dpa

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Schweinegrippe Ein Virus mit Namen A/H1N1 hält die Welt in Atem. In Mexiko stieg die Zahl der Todesopfer auf über hundert an. In den USA blieben Schulen geschlossen, in Spanien wurde der erste Fall bestätigt. Immer neue Verdachtsfälle alarmieren Europa.
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