Schwarz-Gelb wird neue Macht-Option

Berlin · Nach der NRW-Wahl fordern erste Stimmen eine Koalition von Union und FDP im Bund.

 Ja oder Nein zum schwarz-gelben Bündnis in NRW? Christian Lindner (FDP) und Armin Laschet (CDU) taktieren derzeit noch nach der Landtagswahl. Foto: dpa

Ja oder Nein zum schwarz-gelben Bündnis in NRW? Christian Lindner (FDP) und Armin Laschet (CDU) taktieren derzeit noch nach der Landtagswahl. Foto: dpa

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Sabine Leutheusser-Schnarrenberger freut sich. Es sei doch schön, so die Liberale zu unserer Redaktion, "dass die FDP wieder als wichtiger Koalitionspartner wahrgenommen wird, und das aus allen Richtungen". Die heute 65-Jährige war Bundesjustizministerin im letzten schwarz-gelben Bündnis von 2009 bis 2013. Sie sagt: "Koalitionen sind immer so gut wie ihre Koalitionsverträge. Daher blicke ich in die Zukunft und nicht zurück." Besser ist das wohl.

Wenn man nämlich ketzerisch wäre, könnte man auch sagen: Eine Renaissance der Zusammenarbeit von "Gurkentruppe" und "Wildsäuen" ist plötzlich auch im Bund wieder auf der Tagesordnung, nachdem eine CDU-FDP-Regierung in Nordrhein-Westfalen praktisch zwingend geworden ist. Mit solchen Worten beschimpften sich seinerzeit beide Partner im Streit um die Einführung einer "Kopfpauschale" im Gesundheitssystem. Bis dahin galten Union und FDP als natürliche politische Gefährten, was noch aus der langen gemeinsamen Regierungszeit unter Führung des CDU-Kanzlers Helmut Kohl und des FDP-Außenministers Hans-Dietrich Genscher resultierte. Immerhin 16 Jahre.

Doch vor acht Jahren entpuppte sich das so hochtrabend gestartete Bündnis rasch als reine Zweckgemeinschaft, durchsetzt von Misstrauen und Abneigung. Vor allem die Steuersenkungspartei FDP fühlte sich ein ums andere Mal von der Union über den Tisch gezogen und mit ihren Vorhaben nicht ernstgenommen. Gleichzeitig machten die liberalen Minister keine sonderlich gute Figur im Kabinett, innerparteilich herrschte Chaos. Ergebnis: 2013 flog die FDP aus dem Bundestag.

Noch ist die Erinnerung daran nicht verblasst, auch nicht bei FDP-Chef Christian Lindner. Nach wie vor blickt er mit Schrecken auf das letzte schwarz-gelbe Bündnis in Berlin zurück. Kürzlich ließ Lindner wissen, die Unterschiede zur Merkel-CDU seien so groß, "dass es bei einer schwarz-gelben Mehrheit nicht automatisch auf eine Koalition hinausläuft". Er will die Fehler von damals auf keinen Fall wiederholen. Bisher gibt es in Berlin auch nur wenige, die sich wegen des NRW-Erfolgs bereits offen für eine Neuauflage von Schwarz-Gelb nach der Bundestagswahl aussprechen. Vor allem Unions-Wirtschaftspolitiker glauben, dass dieses Bündnis die passabelste Lösung fürs Land wäre - weil man ökonomisch und finanzpolitisch die meisten Überschneidungen sieht. "Wir wollen Schwarz-Gelb", sagte Wirtschaftsexperte und Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) jüngst.

Aber er ist eine Einzelstimme. Schließlich wird erst in vier Monaten gewählt, und alle Parteien haben sich vorgenommen, "eigenständig" in den Wahlkampf zu ziehen. "Das Fell des Bären wird erst verteilt, wenn er tot ist", rät daher Unions-Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer. Nach der Wahl müsse man sich vermutlich eher auf "sehr unterschiedliche Konstellationen" einstellen, glaubt der CDU-Mann. Auch CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt warnt davor, der FDP schon Avancen zu machen. Dass es vor allem in der inneren Sicherheit wenig Gemeinsamkeiten mit den Liberalen gebe, "ist kein Geheimnis". Wer sonst, als Ex-Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger, könnte davon ein Lied singen?

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