Hitze und Schulbeginn Sommer, Sonne und kein bisschen Hitzefrei

Saarbrücken · Unterricht bei über 30 Grad im Schatten? Wie sich saarländische Schulen darauf einstellen. Viele beklagen mangelnden Sonnenschutz.

 Bei großer Hitze kann der Unterricht zur Qual werden. Die Schulen wollen das neue Schuljahr angesichts hoher Temperaturen etwas lockerer angehen.

Bei großer Hitze kann der Unterricht zur Qual werden. Die Schulen wollen das neue Schuljahr angesichts hoher Temperaturen etwas lockerer angehen.

Foto: dpa/Daniel Karmann

Der Kalender kann gnadenlos sein: Sommerferien ade – und Temperaturen weit über 30 Grad. Gleißende Sonne um die Mittagszeit auch auf der Eingangstreppe der Ganztagsgrundschule (GTGS) Rastpfuhl in Saarbrücken. Am ersten Schultag reiht sich hier Auto an Auto vor und um das Gebäude herum. Lachende Kinder hüpfen neben Müttern oder Vätern die Stufen hinunter – der Laune scheint die Kombination Schulunterricht und Freibadwetter ganz offensichtlich keinen Abbruch zu tun. Hitzefrei, das ist allerdings nur noch ein magisches Wort für Generationen von Schulkindern aus längst vergangener Zeit. Zumindest was das Saarland angeht. Hier ist der vorzeitige Unterrichtsschluss seit dem Beginn des Schuljahres 2006/2007 passé, als der „Hitzefrei-Erlass“ aufgehoben wurde.

Kein Mitleid mehr mit schwitzenden, müden Schulkindern? So war es offenbar nicht gedacht: Dass die schulische Betreuung auch an besonders heißen Tagen gewährleistet bleibt, geht, wie das saarländische Bildungsministerium erklärt, vor allem auf den Wunsch vieler Eltern nach verlässlichen Unterrichtszeiten zurück, um eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu garantieren. Auch Kati Fischer-Werth, die ihren Sohn Younes von der Rastpfuhl-Ganztagsschule abholt, ist auf die Betreuung angewiesen, wie sie sagt. Die Saarbrückerin vertraut darauf, dass der Schulalltag inmitten der Hitzewelle dem Wohlbefinden ihres Sohnes nicht schadet. „Nein, Klimaanlagen haben die hier zwar nicht“, meint sie lachend, „aber ich weiß, dass die Schule den Kindern sehr zugewandt ist und für ihr Wohl sorgt.“

Die GTGS am Rastpfuhl ist eine der so genannten Gebundenen Ganztagsschulen – das heißt, dass alle Kinder an vier Tagen in der Woche am verpflichtenden Unterricht bis 16 Uhr teilnehmen (am fünften Tag ist Halbtagsunterricht) –, wobei der Unterricht auf Vormittag und Nachmittag verteilt wird. Natürlich nicht ohne Pausen und Freizeitangebote.

So wie jetzt gerade: Während draußen auf dem Schulgelände, wo hohe Laubbäume viel Schatten spenden, Kinder im Freien toben, sind im Gebäude selbst laute Stimmen zu hören: „Eins, zwei, drei, vier...“ – eine kleine Gruppe von Jungen spielt offensichtlich Verstecken. Nicht gerade erfrischend, aber doch noch durchaus erträglich sind die Temperaturen im Schulgebäude. An einem Wasserspender im Erdgeschoss können Schüler und Lehrer jederzeit ihre Getränkeflaschen auffüllen. Schulleiter Sven Reidenbach sieht dennoch Mängel in einigen Räumen, „in denen wir wegen der Mittagssonne dringend einen besseren Hitzeschutz an den Fenstern bräuchten“.

Rund 70 Kinder werden in seiner Schule nachmittags betreut, neben dem Unterricht nehmen sie an AG-Angeboten wie etwa Fußball, Judo, Leichtathletik, kreatives Basteln oder Theater teil. Und was geschieht an Hitzetagen wie diesen? Programm wie gehabt oder darf’s etwas lockerer zugehen? „Natürlich, wir müssen für das Wohlbefinden der Kinder Sorge tragen. Da ist es durchaus angebracht, dass wir etwa mit Gruppen in den Wald gehen, auf den Abenteuerspielplatz in der Nähe oder ins Schwimmbad“, erklärt der 44-Jährige. Ähnliches rät auch das saarländische Bildungsministerium: Sind Klassenzimmer, Aufenthaltsräume und Außenareal überhitzt, „könnten Waldexkursionen anstelle von Unterricht im Klassensaal, Schwimmbadbesuche oder ähnliche Unternehmungen veranstaltet werden“, heißt es. Sehen die Schulen aber keine Möglichkeiten, ihre Schüler adäquat zu betreuen, „können sie – sofern das Einverständnis der Erziehungsberechtigen vorliegt bzw. eingeholt werden konnte und der Heimtransport gewährleistet ist – die Schülerinnen und Schüler auch vorzeitig aus der Obhut der Schule entlassen“, teilt das Ministerium mit.

Sengende Hitze macht erfinderisch, das weiß auch Ruth Währisch, Leiterin der Albert-Schweitzer-Grundschule in Dudweiler. In der Freiwilligen Ganztagsschule mangelt es ihren Angaben zufolge in mehreren Klassenräumen an notwendigem Sonnenschutz. „Wir haben dort nur helle Vorhänge“, bemängelt sie. Nachmittags könnten sich die Räume dann so aufheizen, dass zur Not die Speisesäle im Keller für Unterricht oder andere Angebote herhalten müssten. „Der Hitzeschutz wurde schon lange und wiederholt beantragt. Bereits vor meiner Zeit als Schulleiterin vor sechs Jahren“, sagt Währisch. Fehlender oder mangelnder Sonnenschutz ist offenbar in zahlreichen saarländischen Schulen ein Problem Für die Kinder der Albert-Schweitzer-Schule soll jedenfalls der heutige Tag nicht allzu trocken enden: „Der Hausmeister hat angekündigt, den Schlauch rauszulegen.“

Bei der Frage, wie Kinder Hitze überhaupt vertragen, spielt nach Ansicht des Homburger Kinderarztes Dr. Benedikt Brixius auch Gewohnheit eine große Rolle. Kinder, die etwa in den Sommerferien viel Zeit im Freien verbringen konnten, hätten eher weniger Probleme. Auch das Gewicht sei bei der Hitze-Verträglichkeit entscheidend: „Übergewichtige Kinder können schneller in Problemsituationen hineinrutschen als Normalgewichtige“, sagt Brixius, der auch Sprecher der Kinderärzte im Saarland ist. Den Schulen rät er, beim Sportunterricht flexibel zu sein und ihn möglichst in die frühen Morgenstunden zu verlegen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort