Scholz schließt Rentenkürzungen aus

Berlin. Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (Foto: dpa) will drohende Renteneinbußen dauerhaft per Gesetz ausschließen. "Es wird keine Kürzung der Renten geben", sagte der SPD-Politiker gestern in Berlin. "Nicht im nächsten Jahr, auch nicht in späteren Jahren." Dafür werde man eine "gesetzliche Formulierung" entwickeln

Berlin. Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (Foto: dpa) will drohende Renteneinbußen dauerhaft per Gesetz ausschließen. "Es wird keine Kürzung der Renten geben", sagte der SPD-Politiker gestern in Berlin. "Nicht im nächsten Jahr, auch nicht in späteren Jahren." Dafür werde man eine "gesetzliche Formulierung" entwickeln. Wie das funktionieren kann, ist allerdings noch völlig unklar. Auf der Homepage des Bundesarbeitsministeriums ist die Welt für die ältere Generation noch in Ordnung: "Müssen die heutigen Rentnerinnen und Rentner befürchten, dass sich ihre Renten vermindern?", wird dort gefragt. Klare Antwort des Ressorts: "Nein, im Gegenteil, die Renten werden auch künftig steigen." In der krisengeschüttelten Wirklichkeit droht sich das Gegenteil nun ins Gegenteil zu verkehren: Nach einem deutlichen Plus bei den Altersbezügen im laufenden Jahr ist eine ebenso deutliche Rentenkürzung für 2010 rechnerisch nicht ausgeschlossen - es wäre die erste seit mehr als fünf Jahrzehnten. Die genauen Daten werden zwar erst im März des nächsten Jahres vorliegen. Aber schon jetzt zeichnet sich ab, dass der rasante Konjunkturabsturz auch die durchschnittliche Brutto-Lohn- und Gehaltssumme sinken lässt, die für die Rentenhöhe maßgeblich ist. In ihrem jüngst veröffentlichten Frühjahrsgutachten schätzen die führenden Wirtschaftsinstitute das Lohnminus für 2009 auf 2,3 Prozent. Erst 2010 soll die durchschnittliche Summe der Löhne und Gehälter wieder um 1,1 Prozent zulegen.

In der geltenden Rentenformel sind zwar Schutzmechanismen eingebaut, um sinkende Renten zu vermeiden. Sie beziehen sich aber nur auf den so genannten Nachhaltigkeitsfaktor, der das quantitative Verhältnis zwischen Rentnern und Beitragszahlern widerspiegelt, und den Riester-Faktor, der die Belastungen der privaten Altersvorsorge bei Arbeitern und Angestellten berücksichtigt. Beide Faktoren wirken sich dämpfend auf die Rentenanpassung aus. Durch die Schutzklauseln können die Renten nicht unter das jeweilige Vorjahresniveau sinken. Die Möglichkeit einer Negativentwicklung bei den Arbeitseinkommen selbst wurde jedoch nicht in der Rentenformel berücksichtigt. Demnach wären Rentenkürzungen durchaus möglich. Um sein Versprechen zu halten, müsste Scholz an dieser Stelle die Rentenformel korrigieren. Das setzt jedoch eine Einigung in der großen Koalition voraus.

Die Gefahr einer Rentenkürzung wird pikanterweise durch eine politische Maßnahme verstärkt, der Arbeitgeber und Gewerkschaften gleichermaßen applaudieren. Gemeint ist die deutliche Ausdehnung der staatlich geförderten Kurzarbeit. Im Vorjahresdurchschnitt lag die Zahl der Kurzarbeiter noch bei rund 102 000. Für 2009 erwarten die Wirtschaftsforscher einen Anstieg auf 1,3 Millionen. Was Arbeitnehmern zunächst einmal die Arbeitslosigkeit erspart, führt statistisch zu einem Sinken des Pro-Kopf-Einkommens, auf deren Basis sich letztlich die Renten berechnen. Der negative Effekt für die Ruheständler wäre dann besonders stark, wenn viele Arbeitnehmer in Kurzarbeit Null sind und das auch noch für volle zwei Jahre. Die Bundesregierung plant bereits, die mögliche Bezugsdauer des Kurzarbeitsgeldes von 18 auf 24 Monate aufzustocken.

Zum 1. Juli steigen die Altersbezüge aber erst einmal so stark wie schon seit zehn Jahren nicht mehr. Im Westen liegt der Zuwachs bei 2,41 Prozent, im Osten sogar bei 3,38 Prozent. Auch der Regelsatz für Hartz-IV-Bezieher erhöht sich entsprechend von 351 auf 359 Euro. Eine Ursache des starken Anstiegs ist die vorübergehende Aussetzung des dämpfenden Riester-Faktors. Der Wirtschaftsflügel der Union hatte den entsprechenden Regierungsbeschluss im Vorjahr als ordnungspolitischen Sündenfall kritisiert. Die Opposition im Bundestag sprach damals vom Wahlgeschenk an die Rentner.

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