Haushaltsdebatte Der Hüter der „roten Null“

Berlin · Zum Auftakt der Haushaltsdebatte nimmt die Opposition Kassenwart Scholz und seinen Rekord-Etat ins Visier.

 Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) verteidigte den Etatentwurf gestern im Bundestag.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) verteidigte den Etatentwurf gestern im Bundestag.

Foto: AP/Markus Schreiber

Die Kanzlerin und der Kassenwart sind gerade im Gespräch vertieft, als die Lobeshymne von SPD-Haushälter Johannes Kahrs ihren Höhepunkt erreicht: Der neue Etat sei „sozial, gerecht und macht keine neuen Schulden – vielen Dank, Olaf Scholz“. Da blickt sein Parteifreund kurz auf und fühlt sich geschmeichelt.

Haushaltswoche im Bundestag: immer ein Höhepunkt im parlamentarischen Alltag. Während sich die Vertreter der Regierungsparteien vier Tage lang auf die Schultern klopfen, lässt die Opposition an dem Zahlenwerk kein gutes Haar. So auch gestern zum Auftakt. Scholz steht dabei im Zentrum, weil es der erste Bundeshaushalt ist, für den der Sozialdemokrat selbst voll verantwortlich zeichnet. Der wegen der späten Regierungsbildung erst im Sommer verabschiedete Etat für 2018 trug noch die Handschrift seines Vorgängers Wolfgang Schäuble (CDU). Trotzdem gibt es Parallelen. Der Haushalt für 2019 ist der sechste in Folge mit einer „schwarze Null“, also ohne neue Kredite. Und das Geld wird weiter mit vollen Händen ausgegeben. Mehr für Verteidigung und Entwicklungshilfe, aber vor allem für Soziales wie höheres Kindergeld, Entlastungen für Familien und weitere Rentenverbesserungen. Scholz kalkuliert mit Gesamtausgaben von gut 356 Milliarden Euro, rund 13 Milliarden mehr als 2018. Dabei hat die jüngste Steuerschätzung ergeben, dass die Finanzspielräume deutlich enger werden. Und der Bundesrechnungshof kritisierte erst kürzlich, die aktuell noch guten Rahmenbedingungen erzeugten eine „Scheinsicherheit“.

Solche Warnungen sind eine Steilvorlage für die Opposition. Peter Böhringer, Chefhaushälter der AfD, hält Scholz vor, nur durch Trickserei zu einem ausgeglichenen Etat zu kommen. So seien wieder keine Rückstellungen für Euro-Risiken eingeplant. Am Ende werde Deutschland auch den Brexit allein finanzieren. FDP-Fachmann Otto Fricke spricht von einer „gequetschten schwarzen Null“, die eigentlich eine „rote Null“ sei, weil Scholz nur durch einen Griff in die Rücklagen (etwa für Flüchtlinge) ohne neue Schulden auskomme. Und er geißelt diverse Scholz-Ideen, „die eines Finanzministers nicht würdig sind“. Tatsächlich hat sich der Kassenwart bislang nicht mit Sparvorschlägen hervorgetan, wie es in seiner Zunft Sitte ist. Stattdessen regte der spröde Hanseat eine Fülle von Mehrausgaben an, darunter ein Mindestlohn von zwölf Euro, eine „Rentengarantie“ bis 2040 sowie eine europäische Arbeitslosenversicherung. Zweifellos zielen solche Vorstöße in erster Linie auf Unzufriedene in den eigenen Reihen, die in Scholz nur eine Schäuble-Kopie sehen.

Prompt verteidigt der Minister gestern nochmal ein EU-Sicherungsnetz gegen Arbeitslosigkeit – wohl wissend, dass die Union schon „Nein“ gesagt hat. Er redet viel über Sozialpolitik; nichts indes zur aktuellen Hartz-IV-Debatte. Bekannt ist aber, dass er von einer Abschaffung des Systems nichts hält. Am Ende klopft sich auch Scholz selbst auf die Schulter: „Eine gute Finanzpolitik ist der Stabilitätsanker unseres Gemeinwesens, und sie ist auch ein Markenzeichen dieser Koalition“.

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