Schnüffel-Affäre bringt Mehdorn in Bedrängnis
Berlin. Die Datenaffäre bei der Deutschen Bahn nimmt immer größere Ausmaße an. Der Konzern habe nicht nur die Daten von Mitarbeitern in großem Stil abgeglichen, sondern "flächendeckend" auch die E-Mails seiner Beschäftigten kontrolliert, teilten die Bahn-Gewerkschaften gestern mit. Sie forderten deshalb den Rücktritt von Konzernchef Hartmut Mehdorn (Foto: ddp)
Berlin. Die Datenaffäre bei der Deutschen Bahn nimmt immer größere Ausmaße an. Der Konzern habe nicht nur die Daten von Mitarbeitern in großem Stil abgeglichen, sondern "flächendeckend" auch die E-Mails seiner Beschäftigten kontrolliert, teilten die Bahn-Gewerkschaften gestern mit. Sie forderten deshalb den Rücktritt von Konzernchef Hartmut Mehdorn (Foto: ddp). Dieser müsse "seinen Hut nehmen. Wenn er das nicht tut, muss der Eigentümer eingreifen", erklärte Klaus-Dieter Hommel, Chef der Bahn-Gewerkschaft GDBA.
Zuvor hatten Wirtschaftsprüfer und zwei Sonderermittler, die ehemaligen Bundesminister Gerhart Baum und Herta Däubler-Gmelin, dem Aufsichtsrat erste Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Daten-Affäre vorgelegt. Demnach ließ der Konzern nicht nur persönliche Daten der Mitarbeiter zur Korruptionsbekämpfung systematisch mit denen von Lieferanten abgleichen. Von 2005 bis 2008 seien zusätzlich auch sämtliche E-Mails durch einen Suchfilter gelaufen, um die elektronischen Briefe nach bestimmten Begriffen und Adressdaten zu durchsuchen. Alle 70 000 bis 80 000 Nutzer des konzerninternen Netzwerks seien betroffen. Nach Angaben von "Spiegel online" wurden die Mails insbesondere nach externen Adressen von Verkehrsexperten und Bahn-Kritikern, teils aus dem Bundestag, durchkämmt. Nach Informationen der Agentur ddp stehen auch Wissenschaftler und Journalisten auf einer Namensliste, die in der Berliner Bahnzentrale kursiert sei.
Der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Achim Großmann, sprach nach der Sitzung von "bedrückenden Vorwürfen". Minister Wolfgang Tiefensee (SPD) sagte, falls die Anschuldigungen zuträfen, werde es für Mehdorn "ganz, ganz schwer". Der Bahnchef selbst verteidigte die Überprüfung von Mails als Mittel zur Verhinderung von Geheimnisverrat. Die Bahn sei zu Maßnahmen gegen diese Form der Wirtschaftskriminalität verpflichtet, sagte er. Bisher gebe es "keinen Hinweis auf strafrechtlich relevante Vorgänge", betonte Mehdorn. afp/ddp