Schluss mit der Geheimniskrämerei: Der Krisenstab öffnet sich

Berlin. Als oberster Krisenmanager des Auswärtigen Amtes hat Walter Lindner eine Sache schnell gelernt. "Wenn irgendwo auf der Welt was passiert, kann man darauf wetten, dass Deutsche dabei sind." In Urlaubszeiten macht sich immer besonders bemerkbar, dass die Bundesbürger mit 60 Millionen Auslandsbesuchen pro Jahr Reise-Weltmeister sind. Auch jetzt wieder

 Im Lagezentrum des Krisenstabs hält sich eine Mitarbeiterin des Auswärtigen Amt bereit, um Deutschen in Not zu helfen.Foto: dpa

Im Lagezentrum des Krisenstabs hält sich eine Mitarbeiterin des Auswärtigen Amt bereit, um Deutschen in Not zu helfen.Foto: dpa

 Im Lagezentrum des Krisenstabs hält sich eine Mitarbeiterin des Auswärtigen Amt bereit, um Deutschen in Not zu helfen.Foto: dpa

Im Lagezentrum des Krisenstabs hält sich eine Mitarbeiterin des Auswärtigen Amt bereit, um Deutschen in Not zu helfen.Foto: dpa

Berlin. Als oberster Krisenmanager des Auswärtigen Amtes hat Walter Lindner eine Sache schnell gelernt. "Wenn irgendwo auf der Welt was passiert, kann man darauf wetten, dass Deutsche dabei sind." In Urlaubszeiten macht sich immer besonders bemerkbar, dass die Bundesbürger mit 60 Millionen Auslandsbesuchen pro Jahr Reise-Weltmeister sind. Auch jetzt wieder.Ob Brandkatastrophe in Russland oder Überschwemmungen in Asien - stets musste das "Krisenreaktionszentrum" des Außenministeriums auch Deutschen helfen, die in Gefahr geraten waren. Gesteuert wird die Arbeit aus dem Keller des Ministeriums, wo das Krisen-Referat 040 seinen Sitz hat. Auch für Flugzeugabstürze, Entführungen und Geiselnahmen ist man hier zuständig. Die Wände sind dicker als üblich, die Türen nochmals besonders gesichert. Das hat nicht nur mit den heiklen Angelegenheiten zu tun, die hier behandelt werden, sondern auch mit der Geschichte. Wo heute in Berlin das Auswärtige Amt (AA) sitzt, war früher die Reichsbank. Und ganz unten waren die Schatzbunker, in denen die Wertpapiere gelagert wurden.Am besten sichtbar wird das im ehemaligen "Lombard-Raum", der heute die Schaltzentrale des Krisenzentrums ist. Die Mauern hier bestehen aus 120 Zentimetern Stahlbeton. Die beiden Fensterläden aus 80 Zentimeter Stahl können nur mit einem armdickem Drehschloss geöffnet werden. Der kleine Schrank mit den 18 verschließbaren Fächern hingegen steht draußen vor der Tür, weil alles abhörsicher sein muss. Hier müssen die Mobiltelefone gebunkert werden. Auch der Minister muss sein Handy abgeben, wenn der Krisenstab tagt.Solche Sitzungen sind aus verständlichen Gründen stets vertraulich. Bislang wurde aber auch darüber hinaus einiges an Heimlichtuerei betrieben, was die Arbeit des Krisenzentrums angeht. Damit soll nun Schluss sein. "Der Steuerzahler hat ein Recht zu wissen, wie sein Geld genutzt wird", sagt Lindner. Am übernächsten Wochenende, wenn die Bundesregierung Tag der Offenen Tür hat, werden die Räume auch zu besichtigen sein.Zu normalen Zeiten hat der 53-jährige Lindner 38 Leute unter sich. Darüber hinaus steht eine Reserve von bis zu 250 geschulten Beamten bereit, die Telefondienst machen können, wenn die Krise größere Dimensionen bekommt. Gearbeitet wird in drei Schichten rund um die Uhr. Die Nachrichtensender laufen ohne Unterbrechung. Ständig gehen auch Berichte aus den 240 deutschen Botschaften ein.Die Reiselust der Deutschen sorgte dafür, dass das Krisenreferat in den letzten Jahren immer mehr zu tun bekam - was Guido Westerwelle jetzt dazu bewog, vor riskanten Ausflügen zu warnen. "Ich habe Verständnis für Reiselust, auch für ein wenig Abenteuerlust", sagte der FDP-Außenminister der "Bunten". "Aber ich habe kein Verständnis für Leichtsinn, zumal der Steuerzahler auch immer die Kosten für die Folgen zu tragen hat." Abgesehen von den Touristen sind aber auch immer mehr deutsche Geschäftsleute im Ausland unterwegs. Bald zehn Millionen internationale Geschäftsreisen wurden im vergangenen Jahr gezählt. "Durch die Globalisierung hat heutzutage fast jeder Kleinbetrieb internationale Kontakte", sagt Lindner. Deshalb hat das Krisen-Referat seine Arbeit auch verändert. Heute kümmert man sich mehr als früher darum, dass Bundesbürger im Ausland gar nicht erst in Notlagen kommen. Dazu dienen auch die Reisehinweise, die es vom Auswärtigen Amt inzwischen für praktisch jedes Land der Welt gibt.Für inzwischen 90 Länder gibt es auch genaue Datensätze, wie im Krisenfall konkret geholfen werden kann. Dazu wurden zum Beispiel die Adressen der jeweiligen Auslands-Deutschen erfasst, aber auch schon Evakuierungsrouten ausgearbeitet. Zudem stehen auf den Kellerfluren des AA Ordner mit allen möglichen Informationen zu 200 Städten bereit, von Abidjan bis Zagreb.

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