Schlicht, bewegend

Selsingen. Dumpf dröhnen die Trommeln, als die Särge der drei in Afghanistan getöteten Bundeswehrsoldaten langsam aus der Kirche von Selsingen getragen werden. Mit versteinerter Miene folgen ihnen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) inmitten des Trauerzuges aus Angehörigen und Freunden

Selsingen. Dumpf dröhnen die Trommeln, als die Särge der drei in Afghanistan getöteten Bundeswehrsoldaten langsam aus der Kirche von Selsingen getragen werden. Mit versteinerter Miene folgen ihnen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) inmitten des Trauerzuges aus Angehörigen und Freunden. Auf dem Kirchplatz werden die Toten für ihre letzte Reise zu den Beerdigungen in ihren Heimatorten in Leichenwagen gelegt. Stumm betrachten Soldaten und Einwohner die Szene, während Trompeter zum Ausklang der ebenso schlichten wie bewegenden Trauerfeier am Freitag das Soldatenlied "Ich hatt' einen Kameraden" anstimmen. Deutschland nimmt Abschied von den bislang letzten drei Soldaten, die bei dem nun seit acht Jahren andauernden Bundeswehreinsatz in Afghanistan ums Leben kamen.

Die 25, 28 und 35 Jahre alten Mitglieder des Fallschirmjägerbataillons 373 aus dem niedersächsischen Seedorf starben am Karfreitag während eines stundenlangen Feuergefechts mit Talibankämpfern. Nun, genau eine Woche später, haben sich in der St. Lamberti-Kirche im nahen Selsingen hunderte Trauernde versammelt, um ihrer zu gedenken. Etwa 500 Angehörige, Freunde und Kameraden der Getöteten drängen sich in dem kleinen Gotteshaus auf rostroten Holzbänken. Darunter ist auch eine sichtlich mitgenommene Bundeskanzlerin. Zum ersten Mal nimmt Merkel an einer Trauerfeier für in Afghanistan getötete Soldaten teil. Sie nutzt ihre Rede vor dem alten, kunstvoll geschnitzten Holzaltar der kleinen Kirche dazu, den Angehörigen Mut und Trost zuzusprechen. Ihnen ihr persönliches Mitgefühl und ihre Hochachtung für das Opfer zu versichern, das die drei Toten in Afghanistan gebracht hätten. "Ich verneige mich vor ihnen. Deutschland verneigt sich vor ihnen", sagt die Kanzlerin. Dann verharrt sie mit gesenktem Kopf stumm vor den aufgebahrten, von je sechs Soldaten flankierten Särgen, hinter denen Fotos der toten Soldaten Niels Bruns, Robert Hartert und Martin Augustiniak aufgestellt sind.

Merkel nutzt ihre Ansprache aber auch dazu, den trauernden Angehörigen und Freunden, den Soldaten und der Bevölkerung insgesamt klarzumachen, dass sie trotz aller Rückschläge und Tragödien keine Alternative zu einer Fortsetzung des Bundeswehr-Einsatzes am Hindukusch sieht. "Der Einsatz ist schwierig", sagt die nachdenklich wirkende Kanzlerin. Ja, es sei wahr, es gebe bei allen Fortschritten dort auch "zu viele Rückschritte". Dennoch könne Deutschland nicht einfach seine Soldaten abziehen und Afghanistan im Stich lassen.

Bewegende Worte findet auch Guttenberg, als er sich in seiner Traueransprache mehrmals direkt an die Angehörigen wendet. "Sie sollen heute gewiss sein: Sie sind mit ihrer Trauer nicht allein", sagt der Verteidigungsminister. Die toten Fallschirmjäger hätten sich trotz Risiken und Gefahren mit großer Energie dafür eingesetzt, "unsere Sicherheit und die unserer Kinder" in Afghanistan zu verteidigen. Dafür gebühre ihnen Anerkennung. Er wolle nur "danke, von ganzen Herzen danke" sagen.

Vor der Kirche verfolgen auf einer großen Videoleinwand hunderte weitere Soldaten und Bewohner von Seslingen, Seedorf und anderen umliegenden Orten die Trauerfeier, zu der unter anderem auch der scheidende Wehrbeauftragte Reinhold Robbe, Bundeswehr-Generalinspekteur Volker Wieker, Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) und nahezu die gesamte Führungsspitze der Bundeswehr erschienen ist. Die Ortsschilder von Selsingen sind an diesem Tag mit Trauerflor behängt.

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