Schatten über dem Schattenkabinett

Berlin · Jetzt ist das Schattenkabinett komplett: Peer Steinbrück hat die übrigen drei Mitglieder nominiert. Nun sollen sechs Frauen und sechs Männer den Wahlkampf des SPD-Kanzlerkandidaten in Schwung bringen – ebenso ein neuer Pressesprecher.

Eigentlich sollen nur die letzten drei Mitglieder für das SPD-"Kompetenzteam" präsentiert werden. Doch die Inszenierung wird durch eine weitere Personalentscheidung von Peer Steinbrück in den Schatten gestellt: Der Kanzlerkandidat trennt sich von seinem Pressesprecher Michael Donnermeyer - und gesteht damit ein, dass die Kampagne der Genossen gut drei Monate vor der Bundestagswahl alles andere als rund läuft.

Der Blick von Peer Steinbrück geht langsam nach oben und verharrt dort ziemlich lange. Ganz so, als wollte er optisch bekräftigen, was die im Atrium des Willy-Brandt-Hauses versammelten Journalisten gerade empfinden: Cornelia Füllkrug-Weitzel, die in Steinbrücks Mannschaft für Entwicklungspolitik zuständig sein soll, redet eigentlich schon viel zu lange. Wortreich variiert die 57-jährige Präsidentin des evangelischen Hilfswerks "Brot für die Welt" ihre Besorgnis über das menschliche Elend auf dem Planeten und die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich. Doch die allermeisten im Saal bewegt an diesem Montagmittag ein ganz anderes Problem. Auch Steinbrück. Kurz zuvor war eine Eilmeidung über die Agenturen getickert, dass er seinen Sprecher, Michael Donnermeyer, in die Wüste schickt. Ein Paukenschlag, der Steinbrücks Schattenkabinett zur Nebensächlichkeit macht.

Das bekommen auch die beiden anderen vorgestellten Mitglieder in Steinbrücks Mannschaft zu spüren. Die Investmentbankerin und frühere saarländische SPD-Finanzministerin Christiane Krajewski (64), zuständig für Wirtschaft, und der Essener Kulturmanager Oliver Scheytt (55) - er soll die Bereiche Kunst und Kultur abdecken - dürfen zwar noch die eine oder andere Nachfrage beantworten. Doch dann ist wieder Steinbrück dran und das Trio auf der Bühne nur noch Staffage. Der Kanzlerkandidat erweckt den Eindruck, als habe er sich von Donnermeyer nur schweren Herzens getrennt ("harte und schwierige Entscheidung"). Steinbrück redet aber auch von "höchsten professionellen Abwägungen", denen ein Wahlkampf folgen müsse. Und genau daran hat es bei Donnermeyer gehapert.

Der ehemalige Sprecher der Berliner Senats war gerade auf Jobsuche, als Steinbrück tief in Erklärungsnot über seine Nebeneinkünfte steckte. Donnermeyer sollte das Image des Kandidaten verbessern helfen. Doch es kam eher schlechter. Erst verbreitete sich Steinbrück in einem von Donnermeyer autorisierten Interview über das angeblich viel zu niedrige Gehalt der Kanzlerin, was dem Kandidaten erneut den Vorwurf der Raffgier eintrug. Dann sorgte Steinbrück mit einem Bekenntnis gegen billigen Wein für Verdruss. Und als Donnermeyer Winterurlaub machte, während Steinbrück eine Dienstreise nach England antrat, schüttelten viele Genossen den Kopf.

Ein Nachfolger ist auch schon gefunden. Es handelt sich um den ehemaligen Leiter des Hauptstadtbüros der "Bild"-Zeitung, Rolf Kleine. Er hatte sich in dem Boulevardblatt um die Berichterstattung über die SPD gekümmert. Kleine kenne sich als Medienvertreter "exzellent" aus, lobt Steinbrück den Presse-Mann. Der kommt dann auch selbst auf die Bühne und teilt mit, dass sein bisheriger Arbeitgeber, der Immobilenkonzern Deutsche Annington, in dem er für die politische Kommunikation verantwortlich zeichnete, erst am Samstag der "Freigabe" zugestimmt habe. Er wolle sich jetzt ganz in seinen neuen Job "reinhängen".

Zum Schluss wollen die Journalisten noch wissen, ob die Komplettierung des Schattenkabinetts und der Sprecher-Wechsel einen Neustart im SPD-Wahlkampf markiere. "Ich brauche keinen Neustart", antwortet Steinbrück gereizt. Und auch das von vielen als unglücklich empfundene, zeitliche Aufeinanderfallen beider Entscheidungen wischt der Kanzlerkandidat mit einer spitzen Bemerkung vom Tisch: "Ich wollte nicht den fünften Fortsetzungsroman schreiben mit Blick auf die Personalie."

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HintergrundDie frühere Saar-Ministerin Christiane Krajewski ist eine von zwölf Mitgliedern in Peer Steinbrücks Schattenkabinett. Die 64-Jährige wird den Bereich Wirtschaftspolitik abdecken. Sie war bis zum Regierungswechsel 1999 Wirtschafts- und Finanzministerin und Vize-Ministerpräsidentin des Saarlandes. Von 2001 und 2002 amtierte die Volkswirtin als Finanzsenatorin in Berlin. "Mit Krajewski tritt eine anerkannte Wirtschafts-Expertin in das Kompetenzteam", begrüßte der saarländische SPD-Landesvorsitzende Heiko Maas ihre Berufung. "Davon kann das Saarland nur profitieren." red/dpa

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